Aufsatz 
Die Verwaltung der Kolonien im Jahre 1912 / von Max Fleischmann
Entstehung
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Fleischmann, Verwaltung der Kolonien 1912.

läufig nicht abzusehen. Allerdings gilt dies doch nur als Grundsatz. Die für die Praxis maßgebende Ausnahme trifft die Verordnung vom 9. Januar 1912 (Kolonialblatt S. 246). Chinesische Arbeiter dürfen danach erst ge­landet werden, wenn der Regierungsarzt die Landung für zulässig erachtet. Ein vom Gouverneur bestellter Kommissar für die Aufsicht über die Arbeiter registriert sie und hat für die Einhaltung der dem Arbeitgeber obliegenden Pflichten zu sorgen. Der Arbeitgeber muß ihnen geeignete Wohnungen schaffen, bestimmt bemessene Beköstigung gewähren, den Lohn in nicht länger als monatlichen Zwischenräumen zahlen. Namentlich aber darf er den Arbeiter nicht länger als IO Stunden täglich beschäftigen. Gegen den freien Verkehr der Chinesen sind durch Beschränkung und Kontrolle ihrer Ausgänge Vorkehrungen getroffen. Der Genuß von Opium und alkohol­haltigen Getränken ist ihnen verboten.

III. Eingeborene. Mangel und Unzuverlässigkeit eingeborener Ar­beitskräfte ist die stetig wiederkehrende Klage. Wie sehr sie für Südwest berechtigt ist, zeigt der amtliche Jahresbericht für das Jahr 1911/12. Von der gesamten eingeborenen Bevölkerung mit 81949 Köpfen haben 11 199 ihre Arbeitsstätte gewechselt und sind sogar in entlegene Bezirke über­gewandert. 1998 sind einfach unter Bruch des Arbeitsvertrages davon­gelaufen und gar nicht zu ermitteln; hierbei handelt es sich fast ausschließ­lich um Farmarbeiter, nicht um Bergarbeiter. Es kann deshalb nicht wunder­nehmen, wenn die Landespolizei 1777 vagabundierende Eingeborene auf­gegriffen hat, die von Viehdiebstählen ihr Leben fristeten.

G. Maß und Gewicht, Geld und Kreditwesen.

Deutsches Maß und Gewicht ist in Ostafrika (15. November, Kolonialblatt 1913, S. 87) vom 1. April 1913 ab für den öffentlichen Verkehr vorgeschrieben, in Neu-Guinea schon vom 1. Oktober 1912 (Verordnung vom 27. August, Kolonialblatt S. 1081). Für Ostafrika hat sich jedoch der Gouverneur die Zulassung von anderen Maßen und Gewichten für be­stimmte Waren und Betriebe, namentlich für den Verkehr nach und von dem Auslande Vorbehalten.

In Ostafrika sollen neben den kupfernen Fünfhellerstücken auch Stücke aus Nickel ausgeprägt werden (Kaiserliche Verordnung vom 3. Juni, Kolo­nialblatt S. 678). Ein Zeichen für die günstige wirtschaftliche Lage in Ost­afrika ist die Nachfrage nach höheren Zahlungswerten als sie bis jetzt vor­handen waren (5, 10, 50, IOO Rupien). Die Deutsch-Ostafrikanische Bank ist deshalb zur Ausgabe von Noten über 500 Rupien geschritten (Kolonial­blatt S. 331). In Kamerun ist die Einfuhr fremder Silbermünzen im Betrage von mehr als IOO Mk. nur mit Erlaubnis des Gouverneurs zulässig (Ver­ordnung vom 9. April 1912, Kolonialblatt 1913, S. 135).

Das Ereignis auf dem Gebiete des Kreditwesens ist die Gründung der ,,Südwestafrikanischen Boden-Kreditgesellschaft, der durch Beschluß des Bundesrats vom 17. Oktober (Kolonialblatt S. 1082) die Rechts­fähigkeit verliehen ist. Die Gesellschaft, mit dem Sitze in Berlin, deren Verwaltung aber an einem vom Gouverneur zu bestimmenden Orte in Süd- west zu führen ist, dient der Gewährung von Boden- und Kommunalkredit in den Gemeinden Deutsch-Südwestafrikas. Zu diesem Zwecke darf sie hypothekarische Darlehen gewähren und Hypothekenpfandbriefe ausgeben, auch weitere Geschäfte betreiben, die im einzelnen hier nicht interessieren. Ihr Grundkapital beträgt 1 Million Mark in Inhaberanteilen über je IOO Mk.

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