Aufsatz 
Die Verwaltung der Kolonien im Jahre 1912 / von Max Fleischmann
Entstehung
Seite
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Rechtspflege.

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Die Anteilinhaber erhalten von dem Reingewinn zunächst 5 % des Grund­kapitals, die weitere Gewinnverteilung ist durch die Satzung (§ 21) fest­gelegt. Von dem Aufsichtsrate (515 Personen) muß wenigstens die Hälfte die Reichsangehörigkeit besitzen. Für den durch den Aufsichtsrat zu be­stellenden Vorstand (wenigstens zwei Personen) ist das Erfordernis nicht vorgesehen.

Das Werkzeug ist geschaffen. Möchte es nun auch wirken!

V. Rechtspflege.

Die Rechtspflege in unseren Kolonien kann sich, vorsichtig gesprochen, mit der Justiz in den außerdeutschen Kolonien sehr wohl messen. Sie wahrt den Ruf zuverlässiger Organisation nicht minder als die eigentliche Ver­waltung der Kolonien. Nur an der Ausbreitung der Gerichtsstätten fehlt es noch mehrfach. Daß hier aber nach Kräften unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten geholfen wird, darf man auch von dem ab­gelaufenen Jahre erklären. Durchgreifendere Hilfe habe ich in den früheren Berichten vorgeschlagen. Sie würde aber zugleich ein Eingreifen der Gesetz­gebung erfordern oder doch erwünscht machen. Und darauf wird man zunächst, wie es scheint, verzichten müssen. Vielleicht bringt der neue Gesetzentwurf über den Kolonialgerichtshof in der Heimat, der noch im Schoße des Bundesrats ruht, doch noch etwas mehr als bloß die Regelung der dritten Instanz 1 ). In Ostafrika ist ein neues Bezirksgericht in Tabora errichtet worden (Kolonialblatt S. 746). Den wiederholten Wünschen aus Ansiedlerkreisen ist ferner durch Delegierung eines Gerichtsassessors nach Moschi Rechnung getragen (Kolonialzeitung S. 556). In Kamerun hat die Anschließung des Neulandes auch eine Zuteilung an die schon bestehenden drei Bezirksgerichte erforderlich gemacht (Kolonialblatt S. 1073), die man allerdings wohl nur als einen Notbehelf zu betrachten haben wird. Für Togo wird über Mangel an Richterkräften geklagt. Eine interessante Neue­rung ist das Abkommen mit der Preußischen Justizverwaltung, wonach tropendiensttaugliche und mit gutem Zeugnisse ausgestattete Gerichts­referendare einen Teil des Vorbereitungsdienstes bei den Gerichten der Schutzgebiete ableisten dürfen. Sie werden für diesen Zweck auf die Dauer von höchstens einem Jahre aus dem Heimatsdienste beurlaubt und bei einem Bezirksgerichte, für kurze Zeit auch bei dem Obergerichte, in Ostafrika, Süd­westafrika oder Kamerun beschäftigt (in Kiautschou besteht eine entsprechende Einrichtung schon seit längerer Zeit). Bei durchgängig befriedigenden Leistungen ist die vorzugsweise Verwendung derart vorgebildeter Assessoren für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst in den Kolonien vorgesehen. Die Höhe der Kosten des Aufwandes wird allerdings den Kreis der Bewerber und der Befähigten stärker einengen als es im Interesse der Kolonien zu wünschen wäre.

Daß in Togo die Gebühren in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Verordnung vom 9. April und die Gebühren der Rechtsanwälte, wie anderwärts auch, auf den doppelten Betrag der heimischen Sätze durch Verordnung vom 17. Mai festgesetzt worden sind (Kolonialblatt S. 475, 649), soll einer gewissen Vollständigkeit halber noch erwähnt sein.

') Crusen in der Zeitschrift für Kolonialpolitik 14 S. 545.