Verwaltungsbehörden — Selbstverwaltung.
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die Gouverneure von Ostafrika, Kamerun und Togo sind zunächst für Kamerun (30. Juni, Kolonialblatt S. 1077) die straf- und disziplinarrechtlichen Verhältnisse der farbigen Mannschaften geregelt worden. Das Verfahren lehnt sich an die allgemeinen Vorschriften für die Eingeborenenrechtspflege an. An Disziplinarstrafen zugelassen sind außer Mittelarrest und strengem Arrest auch Geldstrafe bis zu einem Drittel des Monatsgehalts und Prügelstrafe (jedoch nicht gegen Unteroffiziere und Gefreite). Erheblich eingehender ist die Regelung in Ostafrika ausgefallen (Verordnung vom 19. Oktober, Kolonialblatt 1913 S. 80). Sowohl das Strafverfahren, wie das Disziplinarverfahren lehnen sich hier an die Grundsätze der Militärstrafgerichtsund Disziplinarordnung und des Militärstrafgesetzbuchs an.
3. Ehrenamt (Selbstverwaltung).
In Ostafrika hat die Kanzlerverordnung über die Bezirksräte (19 11 ) durch Verordnung des Gouverneurs vom 29. Oktober 1912 eine Ausführung erhalten (Kolonialblatt 1913, S. 35). Bezirksräte werden bei folgenden 14 Bezirksämtern gebildet, unter Berücksichtigung der Zahl der ansässigen männlichen Reichsangehörigen im Alter von mehr als 25 Jahren: Wilhelmsthal, Kilwa, Lindi, Dodoma, Morogoro, Bagamoyo, Tabora, Tanga, Langenburg, Rufiyi, Pangani, Muansa, Moschi, Daressalam. Leider ist es immer noch nicht gelungen, in Daressalam und Tanga die Städteordnung einzuführen.
Die Selbstverwaltungsordnung für Südwest 1 ) von 1909 hat in einem mit Eifer erörterten Punkte eine Änderung erfahren, die auf begründete Wünsche der Südwestafrikaner selbst zurückgeht und einen Beweis für die besonnene Auffassung in der heiklen Frage der Rassenmischung bildet. Gemeindeangehörige nämlich, die sich mit einer Eingeborenen vor dem 1. Januar 1905 in den Formen kirchlicher Trauung oder vor dem I. Januar 1905 in den Formen der Eheschließung des bürgerlichen Rechts verheiratet haben, kann der Gouverneur das Wahlrecht verleihen, sofern ihre und ihrer Familie (das ist bedeutsam!) Lebensführung eine besondere Anerkennung des Zusammenlebens vom sittlichen Standpunkte zuläßt und ihre Würdigkeit, mit öffentlichen Rechten betraut zu werden, verbürgt. Die Aufgaben wachsen in den Bezirksverbänden. In der Hauptsache sind es natürlich wirtschaftliche Angelegenheiten, mit denen sie befaßt sind, wie das Wegewesen (vgl. unten). Aber sie gewinnen doch mit der finanziellen Belastung auch angemessenen Einfluß auf ideellem Gebiete. So ist die Errichtung und Verwaltung von Schulpensionaten, die selbstverständlich auch die Gemeinde übernehmen kann, zu ihrer Aufgabe erklärt (Verordnung vom 30. Mai, Kolonialblatt S. 709). Die Aufsicht über das Schulpensionat führt ein Verwaltungsrat, der aus dem Bezirksamtmann und zwei Beisitzern besteht, die vom Bezirksrate auf drei Jahre gewählt werden; auch Frauen sind hier wählbar. Der Bezirksrat wählt den Leiter des Pensionats (Bestätigung durch den Gouverneur). Der Bezirksrat setzt den Pensionspreis fest. Leistungsschwachen Verbänden können für die Verwaltung der Schul- pensionate Beihilfen aus der Kasse des Schutzgebiets gewährt werden.
Der Ausbau der Selbstverwaltung auch in anderen Kolonien 2 ) bei
') Einen lehrreichen Einblick in die Verwaltung der Gemeinde Swakopmund gewähren die Aufsätze von Kötz in der Kolonialzeitung 1912 Nr. 27, 29, 30. •
2 ) Für Kamerun sind die Auslassungen in dem inhaltreichen Berichte der Handelskammer für Südkamerun (1908/11) 1912 S. 173—183 beachtenswert.