Aufsatz 
Die Verwaltung der Kolonien im Jahre 1912 / von Max Fleischmann
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Fleischmann. Verwaltung der Kolonien 1912.

übertragbare Krankheiten bestimmter Art hat Ostafrika die An­zeigepflicht eingeführt, Beobachtungen, Verkehrsschranken, Desinfektion u. a. m. vorgeschrieben, namentlich Vertilgung der Tiere, die die Seuchen verbreiten. Eingreifende Maßnahmen dienen der Bekämpfung der Stech­mückengefahr in Ostafrika und Kamerun (1. Juli, 6. August).

Die Bodenfrage 1 ) hat zu besonderen Anordnungen keinen Anlaß gegeben. Vermerkt sei nur, daß in Kiautschou die Einnahmen aus den Landverkäufen in dem Geschäftsjahre Oktober 1911 bis Oktober 1912 um rund 465000 Mk. (nämlich 625532 Mk. gegen 150990 Mk. im Vorjahre) sich gesteigert haben. Ein erfreuliches Ergebnis und gewiß nicht nur für die Gouvernementskasse. Und Erfreuliches vernimmt man endlich auch über die Sanierung für Südwestafrika: Die Schaffung der lang genug begehrten Bodenkreditgesellschaft ist gelungen (vgl. unten IV G).

II. Organisation der Verwaltung.

1. Behörden der unmittelbaren Landes Verwaltung.

Wenig nur hat sich hier geändert, da die eingreifende Organisation in den neuerworbenen Gebieten von Kamerun erst bei weiterem Fortschreiten der Besitznahme zu erwarten ist. Inzwischen ist, der Vorschiebung der wirtschaftlichen Entwicklung folgend, die Verwaltung des Bezirks Molunde (Kamerun) nach Jukaduma verlegt und der Bezirk entsprechend bezeichnet worden (18. Mai). In Ostafrika ist im Bezirke Langenburg, der bisher eine unverhältnismäßig große Zahl von Nebenstellen aufwies, auf die sich die dem Bezirksamte überwiesenen Kräfte zersplittern mußten, eine Zu­sammenfassung erfolgt: die Nebenstellen Itaka und Muaya (am Nordufer des Nyassasees) sind aufgehoben worden, so daß nur noch die Nebenstelle Mwakete erhalten bleibt (Kolonialblatt S. 447).

2. Berufsbeamte.

Auch in diesem Jahre ist an der inneren Einrichtung des Beamten­wesens, wie es das Kolonialbeamtengesetz von 1910 geschaffen oder fest gegründet hat, gearbeitet worden. Unter dem 8. März (Kolonialblatt S. 290) hat der Reichskanzler nähere Bestimmungen über die Anstellung der Kolonialbeamten getroffen, die, abgesehen von der Landespolizei in Südwest und von den obersten Beamten (Gouverneur, 1. Referent und Oberrichter), durchweg in den Schutzgebieten zur Anwendung kommen. Dem Beamten­tum in den Kolonien ist dadurch ein rechtliches Gewand gegeben, das dem der Heimat entspricht und doch den überseeischen Verhältnissen sich in zweckdienlicher Weise anpaßt.

Die farbigen Beamten stehen natürlich abseits, und es wird noch mancher Erfahrung und langer Bewährung bedürfen, ehe durch umfassendere all­gemeine Anordnungen die angemessene Stelle für das farbige Beamtentum wird gewonnen werden können. Am einfachsten liegen die Verhältnisse bei der militärisch organisierten Polizeitruppe 2 ). Auf Grund einer Er­mächtigung des Reichskanzlers vom 5 - Februar (Kolonialblatt S. 193) an

') Allgemein vgl. Berner, Kronland (Zeitschr. für Kolonialpolitik 14 S. 685).

2 ) Polizeitruppe und Schutztruppe sind letztens Gegenstand lebhafter Erörte­rung geworden. Für einen Einzelpunkt vgl. Fuchs in der Kolonialzeitung 1913 Nr. 3, 4; Bösel Nr. 6.

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