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Fleischmann, Verwaltung der Kolonien 1912.
am Gesetzesbestande nur erhöhen kann, eifrige Nachfolge fände! Nicht bloß in den Kolonien, auch der Heimatdeutsche ließe sich gern ab und zu als Gegenstand solcher Gesetzgebung behandeln. „Jede große Reform hat nicht darin bestanden, etwas Neues zu tun, sondern etwas Altes abzuschaffen“ — belehrt uns der gefeierte Geschichtschreiber der Zivilisation in England —■ „die wertvollsten Gesetze sind die Abschaffung früherer Gesetze gewesen.“
1. Land und Leute.
Der amtliche Jahresbericht (1911/12) stellt für Südwestafrika die Tatsache fest, daß die weiße Bevölkerung dort (ohne Schutztruppe) von 11 890 auf 12645, das ist um ö'/a v. IT, angewachsen ist; daß sich die Deutschen um 896 = 9,9 v. TI. vermehrt, die Ausländer dagegen um 141 = 5 v. H. verringert haben; daß der Geburtenüberschuß 336 = 44,5 v. IT. der Bevölkerungszunahme beträgt — eine in jeder Hinsicht erfreuliche Statistik.
Der Zuwanderung Mittelloser werden in unseren Kolonien immer deutlichere und auch schärfere Grenzen gezogen. Für Kamerun (12. Juli) sind nunmehr auch den übrigen Kolonien entsprechende Bestimmungen ergangen. Ein Weißer, der keine Anstellung im Schutzgebiete erworben hat, darf es nur betreten, wenn er 500 Mk. hinterlegt und falls ein dauernder Aufenthalt beabsichtigt wird, den Besitz von 2000 Mk. in bar nachweist. Arbeitgeber müssen ihre außerhalb des Schutzgebietes beheimateten weißen Angestellten, die nicht über ausreichende Barmittel verfügen, auf eigene Kosten in die Heimat zurückbefördern. Für Ostafrika sieht eine neue Verordnung vom IO. Oktober (Kolonialblatt S. 1130) namentlich auch die Zurückweisung solcher Einwanderer vor, die mit bestimmten Krankheiten behaftet sind, oder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit im Schutzgebiete bilden. Neu-Guinea gibt seiner Regelung der Frage eine neue Grundlage in der Verordnung vom 18. Januar (Kolonialblatt S. 329). Von der Zuwanderung kann derjenige ausgeschlossen werden, der nicht den Besitz genügender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Angehörigen nachweisen kann und auf Verlangen für die Kosten einer Rückbeförderung entsprechende Sicherheit leistet. Wer eine Person im festen Dienstverhältnis einführt, bleibt der Behörde gegenüber für den Zeitraum eines Jahres seit Beendigung des Dienstverhältnisses für die Kosten des Unterhalts (Krankenhilfe) und der Heimsendung dieser Person und ihrer Angehörigen haftbar. Ja, die Pflicht geht selbst auf denjenigen über, der den ausgeschiedenen Angestellten innerhalb dieses einjährigen Zeitraums in Dienst genommen hat. Man wird nicht behaupten können, daß diese scharfen Maßnahmen gerade die Neigung stärken dürften, einem Mittellosen die Möglichkeit eines Erwerbs zu bieten.
In der Rassenfrage kreuzen sich die Meinungen schon weniger scharf als noch vor einigen Jahren, seitdem auch religiöse Bedenken gegen eine gesetzliche Stellungnahme unter dem Überwiegen national-ethischer Grundanschauung schwächer geworden sind. Gesetzliches Einschränken kann freilich auf diesem Gebiete nur schrittweise erfolgen. Das ist aber auch wiederum in dem verflossenen Jahre geschehen. Man wird den Auslassungen kolonialer Amtsstellen das Urteil besonnenen Sicheinfügens in nun einmal bestehende mißliche Verhältnisse unter Vermeidung vermeidbarer Härten nicht versagen können.
Daß die Selbstverwaltungsordnung für Südwest im Hinblick auf die