Ein südafrikanischer Arbeitervertreter.
In einer großen Versammlung zu Kapstadt hat ein südafrikanisches Parlamentsmitglied, der der Arbeiterpartei im Unterhaus angehörige Dr. Haggar, vor einigen Jahren eine Rede gehalten, die dort größtes Aufsehen erregt hat. Haggar wandte sich nämlich gegen die, die auch für Südafrika eine „deutsche Gefahr“ an die Wand malten und erklärte es geradeheraus für im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß Deutschland in den nächsten zwanzig Jahren Südafrika angreifen werde. Dann aber ging er noch weiter und gab freimütig seiner Meinung dahin Ausdruck, daß Südafrika nichts weniger als Schaden davon haben würde, wenn Deutschland oder sein Einfluß dazu beitrüge, gewisse Einrichtungen und Verhältnisse in Südafrika umzugestalten. Wenn die Deutschen etwa die Diamanten-, Gold- und Kohlenbergwerke Südafrikas übernähmen, so würde niemand davon Schaden haben (erklärte Dr. Haggar), da diese Unternehmungen ohnehin nur zum Vorteile Fremder betrieben würden; die Arbeiter aber würden sich jedenfalls nicht schlechter stehen als jetzt, und wenn am Rande die deutschen Kontrolleinrichtungen eingeführt würden, so würden dort nicht solch skandalöse Zustände möglich sein, wie sie gegenwärtig dort herrschten. Dr. Haggar erklärte die Arbeiterverhältnisse am Rande für eine wahre Schande und fügte hinzu:
„Wenn Deutschland von Südafrika Besitz ergriffe, würden die Arbeiter besser daran sein.“
Diese Ausführungen des Dr. Haggar, deren Inhalt wir hier nach dem Bericht der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung“ vom 2. Juli 1912 wiedergeben, liefern den Beweis, daß ebenso wenig wie die südafrikanischen Kapitalisten (vergleiche die Äußerungen von Henry Samuel) die südafrikanischen Arbeiter die Verhältnisse in Deutsch-Südwestafrika als anstößig empfunden haben. Im Gegenteil, vom Arbeiterstandpunkt sprach Dr. Haggar den Deutschen sein Vertrauen aus.
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