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Englische Urteile über die deutsche Kolonisationsarbeit / hrsg. von Alfred Mansfeld; G. Hildebrand
Entstehung
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V orbemerkung.

(Englands Taktik in neutraler Beleuchtung.)

Es ist eine alte Gewohnheit der Engländer, ihre jeweiligen Feinde oder sagen wir eindeutiger diejenigen Staaten und Länder, auf die sie es jeweils besonders abgesehen haben moralisch so schlecht zu machen, daß die gläubigen Hörer und Leser all der vernichtenden Anklagen notwendig zu dem Gebets­wunsch nach einem gerechten Gottesgericht gelangen müssen. Ein solches Gottesgericht zu vollstrecken sind dann merkwürdig oft die Hauptankläger ausersehen die Engländer selber.

Diese alt - englische Gewohnheit hat sich auf kolonialpoli­tischem Gebiet zu einer Art von moralischem Vormundschafts­system erweitert. Was in den Kolonien vorgeht nicht etwa nur oder vornehmlich in den englischen, nein, gerade auch in den fremdstaatlichen, darüber wird in England gleichsam ein Wohl­verhaltungsregister geführt. Sobald es dann dem englischen Aus­wärtigem Amt gefällig ist, einem kolonialpolitisch tätigen Staat Schwierigkeiten machen zu wollen, werden sich unfehlbar die Be­weise häufen, daß sich in dessen Kolonien Dinge abspielen, die ein Eingreifen der kolonialen Vormundschaftsbehörde in London rechtfertigen und sogar dringend erfordern.

Mit dieser Feststellung soll keineswegs die Tatsache geleugnet oder entstellt werden, daß es in Großbritannien seit 100 Jahren zu jeder Zeit eine Anzahl hochehrenwerter Männer und Frauen gegeben hat und sie ganz bestimmt auch heute gibt, die einerseits durch die ihnen zu Gebote stehende Kenntnis aller wichtigeren Vorgänge in den verschiedensten Teilen der Welt, andererseits durch ihr starkentwickeltes Rechtsbewußtsein und Menschlichkeitsgefühl in die Lage versetzt sind, die allgemeine Aufmerksamkeit auf koloniale Mißstände zu lenken, deren Beseitigung ohne ernstlichen Druck der öffentlichen Meinung scheinbar unmöglich ist oder un­gebührlich auf sich warten läßt. Eine derartige Tätigkeit, die der

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