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Die Deutschen im tropischen Amerika (Mexiko, Mittelamerika, Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru und Bolivien) : mit Übersicht über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Länder / von Wilhelm Wintzer
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15. Heft.

Aluge Lisenbahnpolitik. Sieg der Liberalen.

eine englische Firma übernoinmen hat, alle mexikanischen Eisen­bahnen, die sämtliche wichtigen Plätze des Landes verbinden, in ame­rikanischen Händen. Sie werden von amerikanischem ineist nur englisch sprechenden personale bedient, sind mit denen der Vereinigten Staaten fast identisch eingerichtet und werden kaufmännisch von den Handels­metropolen Neu-Englands aus geleitet. Ein Vertrag bestimmt, daß sie nach 99 Jahren mit allem rollenden und festen Material kosten­los in den Besitz des mexikanischen Staates übergehen. Noch heute begünstigt der Staat durch direkte Subventionen den Bau weiterer Bahnen, oft indem er für jeden fertigen Ailometer eine bestimmte Summe zahlt. Das hat dann freilich nicht zu verhindern vermocht, daß die spekulativen 1)ankees statt die direkte aber teuerere Linie zu bauen, oft in unendlichen Schlangenwindungen vorwärts gingen, nur damit möglichst viele Ailometer herauskämen und die Baukosten pro Ailometer möglichst gering würden. Die Regierung hat auf den Eisenbahnbau in oft noch gänzlich unentwickelte Gegenden riesige Summen verwendet. Aber Jahr um Jahr haben sich die Erträge der Bahnen erhöht, und die Bahnen waren es, die die Aultur, Ackerbau, Handel und Industrie in jenen Gegenden oft in kurzer Zeit zum Aufblühen brachten. N)as die Mexikaner eingesehen, ist dem deutschen Volke bei seiner Aolonialpolitikleidernoch vollständig verschlossen geblieben. Von der mexikanischen Regierung gebaut ist die Bahn über den Isthmus von Tehuantepec, eine Lieblingsschöpfung von porfirio Diaz, die bestimmt ist, nach Ausbau der beiden Endhäfen Loatzacoalcos und Salina Lruz einen großen Teil des Panamaverkehrs noch vor Fertig­stellung eines transozeanischen Aanals in Mittelamerika zu sich heran­zuziehen und eine Hauptverkehrsstraße des Landes zu werden.

Mas diese wirtschaftliche Entwicklung Mexikos in der neuesten Zeit für das Land zu sagen hat, wird besonders klar, wenn man -einen Blick auf die Vergangenheit der Republik wirft.

Mir übergehen hier, um nicht zu ausführlich zu werden, die Geschichte des antiken Mexiko und seiner ebenso großartig kühnen und klugen wie treulosen und grausamen Eroberung durch Tortez. Seit der Anabhängigkeitserklärung (s82s), mit der eine selbständige Geschichte Mexikos anhebt, stellt sie sich als eine Aette von Revolutionen dar, welche durch die politische Unfähigkeit der Präsidenten und den Unabhängigkeitsdrang zügelloser Unter­thanen verschuldet wurden. Mexiko hatte in HO Jahren 56 Präsi­denten. Als ein gemeinsamer Zug geht durch die unauf­hörlichen ehrgeizigen Aämpfe mir den Präsidentenstuhl nur der Gegen­satz zwischen Alerikalismus und Liberalismus, der zum Siege des letzteren führte. Die liberale Partei unter Alvarez ging, nachdem sie zur Herrschaft gelangt war, zunächst fehl, indem sie im Rausche freisinniger Ideen neben den Vorrechten der Geistlichkeit auch die Vorrechte der Armee aufheben wollte. Ohne Armee war ja gerade die Beseitigung der Vorrechte, die der Alerus und die Airche von den spanischen Zeiten her besaßen, niemals durchzuführen. Erst

Win her, trop. Amerika. 2