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Die Deutschen im tropischen Amerika (Mexiko, Mittelamerika, Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru und Bolivien) : mit Übersicht über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Länder / von Wilhelm Wintzer
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Bevölkerung. Staatliche Ohnmacht. Lodenreichtum.

15 . Lseftv

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VI. Bolivien.

Bolivien ist die einzige Republik Südamerikas, die keine Ver­bindung mit dem Meere hat. Der schmale salpeterreiche Küstenstrich, der das Binnenland zeitweise mit dem Meere in Berührung brachte, ist seit dem sür das Land unglücklichen Kriege von f879 f884- in den Besitz Thiles übergegangen. Noch heute gehen Ein- und Ausfuhr durch das befreundete j>ru über Arica. Die Trägheit und Unfähig­keit der Bewohner, die sämtlich der Mischrasse zwischen Indianer und Europäer oder dem schlaffen und gleichgiltigen rein indianischen Menschenschlag angehören, haben die Entwicklung des Landes hier in noch höherem Matze gehemmt, als im übrigen Südamerika. Bo­livien ist das ohnmächtigste und zurückgebliebenste Etaatswesen des spanischen Amerika. Nicht einmal die Landwirtschaft und Viehzucht sind so weit entwickelt, daß der Bedarf im eigenen Lande gedeckt würde. Und doch ist der ungeheure Bodenreichtum wahrlich nicht daran schuld. In den tieferen Gegenden (teils Ebenen, teils Thälern), in Bolivien Bungas genannt, ist die Ergiebigkeit des Bodens für alle tropischen Früchte schier unerschöpflich. Freilich ist hier auch wegen häufiger Flußüberschwemmungen das Klima sehr ungesund. Der Hauptteil Boliviens aber ist eine mächtige, von riesigen Kor­dilleren eingeschlossene und wiederum von Gebirgen durchzogene Hoch­ebene, als deren Mittelpunkt die 5ladt Gruro angesehen werden kann. Die Hochebene ist bei 83,000 Umfang (etwas größer als Bauern) H durchschnittlich 4-000 in hoch , mit rauhem, aber ge­sundem Klima, scharfen Minden, sehr trockener reiner Luft, spärlicher Vegetation und wenig Anbau. Diese Gegend heißt Hüma brava wie in H>eru. Hier dauert die Regenzeit von November bis März. Diese Hochebene wäre bei Verbindung mit dem Meere ein Feld für künftige deutsche Besiedelung. Heute aber gibt es noch nicht einen einzigen deutschen Landwirt oder jAantagenbesitzer in ganz Bolivien. Mas in den tieferen Gegenden bisher an Kakao, Baumwolle, Zucker und Kaffee gebaut wird, kommt für die Ausfuhr nicht in Betracht. Man exportiert wesentlich Kautschuk. Guano, Kokablätter (woraus Kokain gemacht wird), Thinarinde, Molle und Erze.

Der großartige Eilberbergbau der spanischen Zeit, der die Gruben von j)otosi im öüden sprichwörtlich machte, ist seit der Be-

Das ganze gegenwärtig zu Bolivien gerechnete Gebiet bat rund 1^330,000 gkm, ist also mehr als doppelt so groß wie Deutschland (2 Ew. pr. gkin).

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