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Die Deutschen im tropischen Amerika (Mexiko, Mittelamerika, Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru und Bolivien) : mit Übersicht über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Länder / von Wilhelm Wintzer
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Nach Diaz' (>.ode. Das Einströmen der Nordainerikancr. 15. tseft.

zel 11 en Staaten sich aus Verbrechern zusammensetzt, die mangels andern Ersatzmaterials aus Strafe in das Heer eingereiht werden, was Geist und Leistungsfähigkeit der Truppen tief herabsetzt. Doch unnachsichtliche Strafe bei thätlichem Angreifen eines Vorgesetzten (meist standrechtliches Erschießen) hat diesen Mangel einigermaßen aufzuheben gewußt. Neuerdings verpflichtet ein Gesetz jeden Mexi­kaner für den Kriegsfall zum Dienst im Heere!

Daß bei dieser Mirtschafts-, Verkehrs- und Heerespolitik für Entwicklung der geistigen Fähigkeiten der Mexikaner, besonders des niederen Volkes nicht allzuviel übrig war, ist begreiflich. Das sehen auch viele liberale mexikanische Patrioten ein. Die Einzelstaaten, denen vor allem das Unterrichtswesen überlassen ist, haben dagegen unter Leitung des deutschen ersten Schulmannes des Landes, Reb- same n in Ialapa außerordentliches für Hebung der Volksbildung gethan. Noch immer dürste aber Mexiko 6070 o/o Analphabeten zählen!

Daß der Friede nach außen erhalten blieb, dazu wirkte vor allem die pünktliche Zahlung der Zinsen der auswärtigen, zum großen Teil in Deutschland angelegten Schuld, deren frivole Unterlassung früher Mexiko in auswärtige Verwicklungen und damit in großes Unglück gestürzt hatte. Der kluge und gewissenhafte Finanzminister Limantour trägt entschieden ein gleiches Verdienst an dem finanziellen guten Ruf, dessen sich Mexiko infolge pünktlicher Zinsenzahlung er­freut. Mb nach Diaz' Tode ein ihm einigermaßen ebenbürtiger Mann folgt, davon wird für die Zukunft des Landes alles abhängen. Bei dem Mangel charaktervoller Politiker, ja charakter­voller Menschen überhaupt wird daher diese Frage jeden an dem Lande Interessierten mit seh r b angen Zweifeln e r- füllen.

Die freurde Linwairderiiiig ncnch Mexiko.

Die Silberentwertung hatte seit Ende der 80 er Jahre eine verstärkte Einwanderung aus dem Goldland Nordamerika zur Folge. Hier in dem emporblühenden Mexiko sah man den Mert seines Geldes plötzlich verdoppelt und der Gelegenheiten mehr, es schnell und günstig zu verzinsen. So wälzte sich denn all­jährlich über die gelben Fluten des Rio grande eine immer größere Schar nordamerikanischer Einwanderer, die überall, besonders aber in den Städten des Nordens, wie Iuarez, Guavmas, Ehihuahua, Monterey, Matamoros und in der Hauptstadt zur Bildung bedeutender amerikanischer Ansiedelungen geführt hat, während Süd- amerika bisher fast gar keine Nordamerikanische Einwanderung aus­weist. Die amerikanische Kolonie der Hauptstadt ist nächst der spanischen die größte aller dortigen Fremdenkolonien und wird auf 23000 meist wohlhabende Eingewanderte geschätzt. Englisch- amerikanische Zeitungen erscheinen in Ehihuahua und Mexiko. All­jährlich besuchen zahlreiche Gesellschaftsreisen das Land. Jedesmal