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Die Deutschen im tropischen Amerika (Mexiko, Mittelamerika, Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru und Bolivien) : mit Übersicht über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Länder / von Wilhelm Wintzer
Entstehung
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HZ Religiöse Verhältnisse. Die tvelser. Deutsche u. a. Fremde, t ö- Lseft.

kirche. Jedenfalls zeigt dieser Beschluß, wenn er auch praktisch nicht viele Folgen hatte, daß die venezolanische Priesterschaft sich hüten muß, in irgend einer Frage, in der die Ansprüche Roms oder der Airche mit den nationalen Ansprüchen der leicht erregbaren Venezo­laner zusammenstoßen, für Rom oder die Airche Partei zu ergreifen. Im spanischen Amerika haben, das weiß man in Rom sehr wohl, die Ansprüche des Papstes stets vor den nationalen Ansprüchen des Landes selbst zurückzuweichen. Waren es doch z. B. in Mexiko selbst katholische Priester, die die Fahne der Revolution gegen das katholische Spanien erhoben. Was wir Deutsche daheim vorläufig noch als fernes Ziel erstreben, eine Airche, die sich in politischen Dingen ihre Instruktionen nicht aus Rom, sondern aus den: eigenen natio­nalen Empfinden holt, ist in dem sonst so weit hinter uns zurück­stehenden spanischen Amerika schon fast überall Thatsache geworden. Wesentlich erleichtert wird diese formelle Lossagung von Rom hier und in Ekuador durch die radikale Freidenkerei fast sämtlicher Männer sicher einer Schuld der geringen Bildung der Aleriker. Die Männer­welt hat mit dem Leremoniell, mit dem krassen Aberglauben im Reliquien-, Ablaß- und Beichtunwesen, wie er in romanischen Ländern gepflegt wird, die Airche überhaupt über Bord geworfen, während gerade diese Auswüchse es waren, die fast die gesamte Frauenwelt und die Indianer zu willenlosen Werkzeugen der Geistlichkeit machten. Die meisten Ehen leiden an dieser schrillen Dissonanz in religiösen Dingen, was die Heilighaltung dieser Einrichtung nicht gerade ge­fördert hat.

Die Deutschen in Venezuela.

Auch in Venezuela sind auswärtiger Handel und alle für die wirtschaftliche Hebung des Landes bedeutungsvollen Unternehmungen das Werk von Ausländern gewesen. Deutsche unter den Weisern aus Augsburg waren die ersten, die einen Aolonisationsversuch in Venezuela unternahmen, nachdem das Land dein Augsburger Bank­hause als Pfand für seine Darlehen von: Aaiser Aarl V. zugesprochen war. Nur Jahre, von ( 528^ 5 , dauerte die deutsche Herrschaft hier; ungeschickte und rohe Behandlung der Eingebornen veranlaßten Aufstände, die alle Autorität der deutschen Gesellschaft wieder ver­nichteten. Noch heute aber hat sich in Venezuela von jener Welser- ansiedlung her vereinzelt der deutsche Typus erhalten und hat zu­sammen mit dem rein spanischen nicht untüchtige Individuen gezeitigt. Deutsche stehen dagegen heute von neuem im Wirtschaftsleben Venezuelas an erster Stelle, ja beherrschen den Handel in vielen Zweigen ausschließlich. Das spricht umsomehr für die deutschen Fähigkeiten, als die etwa (200 Deutschen des.Landes der Zahl nach stark hinter den anderen Fremden, so den Spaniern ((((2,000), den Italienern (etwa 3000 - 3500 ) und sogar der: Engländern zurück­stehen. Freilich sind diese etwa ^000 in Venezuela ansässigen Eng­länder nur zum kleinsten Teile Rassenengländer, meist sind es von den englisch-westindischen Inseln eingeführte Neger und Mischlinge.