Die Zukunfts arbeit der deutschen katholischen Missionen / Joseph Schmidlin
Vielversprechendes und hoffnungsvolles Aufblühen war die allgemeine Signatur, welche ich am Borabend der gegenwärtigen Völkerkrisis in meinem Jubiläumswerk über „die katholischen Missionen in den deutschen Schutzgebieten" und im Sammelwerk „Deutschland als Kolonialmacht" über das katholische Missionswesen verzeichnen kann. 142 000 Getaufte und 48 000 Taufbewerber, die bis zum Kriegsausbruch auf nahezu 160 000 Christen und fast halb soviel Katechumenen stiegen, waren die numerische religiöse Missionsfrucht einer einzigen Generation, dabei in so stetigem und raschem Wachsen begriffen, daß die Christianisierung des ganzen Kolonialgebiets in nicht allzu große Ferne gerückt schien. Dazu kam der intensive Erfolg in der Gewinnung ausschlaggebender Kreise und Individuen, der qualitative im sittlich-religiösen Stand und kirchlichen Leben der Neubekehrten, der kulturelle in der Gesamthebung der Eingeborenen und in den erzieherischen, literarischen, sozialen, wirtschaftlichen, karitativen Hilfeleistungen, wie sie u. a. die fast zweitausend Missionsschulen mit ihren hunderttausend Schülern veranschaulichten. Ja dank der Tüchtigkeit ihrer Organe und der regen Unterstützung ihrer heimatlichen Glaubensgenossen war die dem Alter nach vielfach jüngere und finanziell schwächere katholische Mission im eigentlich missionarischen Ergebnis der protestantischen überlegen, während sie auf dem Schulgebiet zahlenmäßig hinter ihr zurückblieb. Die stärksten Erfolge wies sie in Deutschostafrika und Deutschchina, dann in Togo und Kamerun auf, wohingegen der Protestantismus in Deutschsüdwest und der deutschen Südsee auch unter der einheimischen Bevölkerung einen erheblichen Vorsprung hatte. Auch außerhalb unseres Kolonialreiches brach sich deutsche Missionsarbeit unter allgemeiner Anerkennung ihrer religiösen wie kulturellen Leistungen siegreich Bahn, in China und Japan wie im afrikanischen und indischen Kolonialreich Englands.
Gleich einem zerstörenden Orkan ist der von unseren Gegnern entfesselte und entgegen allen internationalen Abmachungen auf die Kolonien übertragene Weltkrieg über diese zukunftsreiche Aussaat einhergefahren. Am empfindlichsten wurde davon die vorzügliche Pallottiner- mission in Kamerun betroffen, nicht blos eine Reihe von Stationen geplündert und selbst vor dem Heiligtum der Gotteshäuser nicht Halt gemacht, sondern auch das gesamte Missionspersonal einschließlich der Sittarder im Nordosten und der Väter vom hl. Geist im Südwesten gefangengesetzt oder vertrieben und durch französische Patres ersetzt, die ausgesprochen zugleich politischen Zwecken dienen und für die Seelsorge der Katholiken nicht entfernt genügen. Stark gelähmt und unterbunden sind auch die Stehler in dem von Franzosen besetzten Westen Togos, während sie sich im Osten unter englischem Regiment freier betätigen dürfen. Ebenso können die Oblaten in Südwestafrika, wenngleich materiell sehr bedrückt, ihrer Arbeit wieder ruhig nachgehen, nachdem einige Stationen ebenfalls geschädigt und einige Missionare vorübergehend abgeführt worven sind. Das gleiche Mißgeschick brachten die Kriegswirren über mehrere Missionen und Missionare der Benediktiner von St. Ottilien, der Väter vom hl. Geist und der Weißen Väter in Deutsch- Ost-Afrika' die einen wurden in indische oder afrikanische Gefangenenlager transportiert, andere durften auf ihre Stationen zurückkehren oder ungestört darin verbleiben. Auch in Kaifer- Wilhelms-Land, Neupommern, Salomonen und Samoa wurden weitaus die meisten deutschen Glaubensboten von den Engländern bzw. Australiern an ihrer Arbeit belassen, die Kapuziner auf den Karolinen und Marianen dagegen von den Japanern mehrfach bedrängt und teilweise ausgewiesen. In Tsingtau und Kiautschau sind die Stehler noch geduldet, aber doch in der Hauptsache zur Untätigkeit verurteilt. Im übrigen China wie in Japan selbst dürfen sich die deutschen Pioniere des Christentums noch relativ frei bewegen, während sie aus Britisch- Jndien und einem Teil von Britisch-Afrika interniert oder deportiert worden sind.