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Die Zukunft der deutschen Kolonien / hrsg. von Adolf Grabowsky und Paul Leutwein
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Die Zukunft der deutschen Kolonien

geborenenstämmen das Land für ihre Neusiedlungen abringen mußten, allerdings nur, um das begehrliche England stets weiter hinter sich herzuziehen. Als nun zum Unglück sür die Buren das Geschick es gab, daß im Transvaal und Oranjefreistaat reiche Goldfelder und Diamantengruben entdeckt wurden, war das Schicksal ihrer Freiheit besiegelt. England, der Beschützer kleiner Staaten, nahm mit Gewalt, was es durch diplomatische Kniffe nicht erreichen konnte, und Ende des neunzehnten Jahrhunderts war ganz Südafrika englisch, mit Vorposten in Rhodesien und Njassaland, wodurch das Portugiesische Ostasrila, der Rest der alten portu­giesischen Besitzungen an der oslafrikanischen Küste umklammert wurde.

Während so im Süden Afrikas in knapp hundert Jahren englische Zähigkeit und Skrupellosikeit das holländische Element sich unterwarf, traten die englischen Staatslenker im Norden, in Ägypten die Erbschaft der Türken und Franzosen an. Auch hier wieder war für das englische Vorgehen das Interesse an Indien maßgebend. Mit dem Bau des Suezkanals, den alle englischen Machenschaften nicht zu hintertreiben vermochten, war ein neuer Weg nach Indien geschaffen. Mit dem ihr eignen Wirklichkeitssinn scmd sich die englische Staatskunst mit der Tatsache der Vollendung des Kanals ab und suchte nur mit allen Mitteln sich die Herrschaft über den Kanal zu sichern. Dieses Bestreben sührte zum Ausbau von Aden, zur Festsetzung auf der Aden gegenüberliegenden Somaliküste, zur Besetzung Ägyptens mit der Sinai-Halbinsel und weiter zu der des Sudan, und neuerdings sehen wir seine Ausstrahlungen auch die Wirkung auf Abessinien ausüben. Ein englischer diplomatischer Agent in Kairo hat sich einmal dahin ausgesprochen:Wer Herr in Ägypten sein will, muß den Sudan haben, und wer Herr in Ägypten und dem Sudan sein will, muß Abessinien haben."

^ Es hieße nun die englische Staatskunst doch weit überschätzen, wenn man aus dem bisher Gesagten annehmen wollte, daß England von vornherein zielbewußt auf die Besetzung Südafrikas wie auf die Ägyptens und der anderen Länder um den Indischen Ozean hingearbeitet habe. Das würde nicht stimmen. Die Engländer haben nur immer von Fall zu Fall gehandelt, allerdings stets, wie ich schon hervorgehoben habe, geleitet von einem gesunden Wirklichkeitssinn und in diesem Falle besonders unter dem Einfluß des für ihre Weltmacht­stellung wichtigen Leitgedankens: wie sichere ich am besten meine Goldquelle Indien?

Als England in den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts sich anschickte, in Ägypten Fuß zu fassen, tauchte nun Teutschland in Ostafrika auf. Bisher hatte man englischer- seits diesen Gestaden des Indischen Ozeans nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt, abgesehen von einem bald wieder aufgegebenen Versuch, den altportugiesischen Stützpunkt und Umschlags­platz nach Indien, Mombassa zu besetzen. Die Sultane von Zanzibar schienen den Engländern keine Gegner zu sein, von denen eine Bedrohung ihrer Verbindungswege nach Indien zu besorgen war. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Länder hatte man noch nicht erkannt, sie ergab sich erst mit ihrer fortschreitenden Erschließung. Kaum aber erschien Deutschland auf dem Plan, da begann sofort die Hetze. Neben uns griff England zu, nahm sich das jetzige Britiscb-Ostafrika mit Zanzibar und Uganda, teilweise im Tausch gegen Helgoland, und sicherte das Gebiet durch den Bau einer strategischen Bahn vom Ufer des Indischen Ozeans zum Viktoriasee, der sogenannten Ugandabahn, ohne sich von vornherein viel um die mögliche Rentabilität eines solchen Unternehmens zu kümmern.

Noch einmal nach dem Bau des Suezkanals schien es dann, als ob ein Weg nach Indien entstehen sollte, der frei von englisckier Kontrolle war: die Bagdadbahn. Aber sofort war auch England hier auf dem Posten. Es brachte Koweit unter seinen Einfluß, einigte sich mit Rußland über Südversien, mit Frankreich über das bis dahin unter französischem Einfluß stehende Sultanat Oman (Maskat) und streckt heute seine Hand nach Mesopotamien und Syrien aus.

Das Bild der Machtverteilung am Jndiscben Ozean bei Ausbruch des Weltkrieges war nun folgendes: Südafrika mit Rhodesien und Njassaland, Britisch-Ostafrika mit Uganda und Zanzibar, ein Teil der Somaliküste, der Sudan und Agvpten mit der afrikanischen Roten-Meer- kuste, die Sinaihalbinsel, Aden mit der Hadramautküste, Oman, Koweit, Südpersien, Belutschistan, Indien, Birma, Singapore, ein Teil der Sundainseln, Australien waren britisch oder britischem Einfluß unmittelbar unterworfen. Zu diesen Ländern kann man außerdem noch ohne