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Die Deutschen im tropischen Amerika (Mexiko, Mittelamerika, Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru und Bolivien) : mit Übersicht über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Länder / von Wilhelm Wintzer
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HZ Schädliche Folgen der politischen Teilnahmlosigkeit der Deutschen. 15. Heft-

gezwungen wird, angebracht wäre. Nur Deutschlands Ohnmacht zur See könnte derartige Gleichgültigkeit entschuldigen. Mit der Flotte im Hintergrund aber hat gerade England mit diesem Prinzip, Partei zu ergreifen im Interesse der englischen Nation, die allerbesten Geschäfte gemacht. Der damalige Staatssekretär stellte eigentümlicher­weise gerade denen Sän Salvadors die Deutschen Eostaricas als Muster hin, wo das deutsche Element ähnlich wie in Mexiko gerade deshalb solche Achtung genösse, weil es sich niemals in die Landes­politik mische. And doch haben gerade Deutsche in Eostarica, und zwar im Gefolge der Engländer i. I. f859 eine vollständige Staatsumwälzung vollzogen! Gänzliche Enthaltung ist hier über­haupt undenkbar. Auch da, wo die Ausländer in geringer Anzahl vorhanden sind, verfechten sie nur ihre eigensten Lebensinteressen, wenn sie der Partei zuneigen, die dem Nativismus abhold ist, die überlegenen Einwanderer nicht hinter den Einheimischen zurücksetzt und etwas für den im Interesse der Fremden liegenden wirtschaft­lichen Fortschritt thut. Das ist im spanischen Amerika heute vorwiegend die liberale Partei gewesen. Freilich hat es sehr faule und diebische liberale Präsidenten und noch öfter auch gute und wirklich im Sinne der Rultur thätige klerikale Präsidenten ge­geben. Es liegt im Interesse des Ansiedlers, es mit der Regierung zu halten, die Ordnung hält. Erst recht aber ist es die Pflicht der Deutschen, da aus ihrer politischen Gleichgültigkeit zu erwachen, wo sie irgend etwas Ersprießliches für allgemeine deutsche Interessen zuwege zu bringen vermögen. So da, wo sie in bedeutender Anzahl vertreten sind, wie in den Vereinigten Staaten, in Guatemala und Venezuela, und wo sie Deutschlands Teilnahme und Macht in besonderer Meise hinter sich fühlen. Der Engländer hat hierin, eben weil er der Pionier einer seestarken Macht ist und politisch weiter entwickelt ist, ungefähr stets das Gegenteil von dem befolgt, das von Marschall anrät, und damit der kolonialen Ausdehnung Englands in allergeschicktester und folgenschwerster Meise die Mege geebnet. Es muß dahin kommen, daß der Deutsche, der in jenen Ländern deutsche Interessen vertritt, sei es auch nur durch bloße geschäftliche Thätigkeit, sich bewußt ist, wie der Engländer, die ganze Macht seines Heimatlandes hinter sich zu wissen und als Vorposten für die Wahrung des Nationalbesitzes dazustehen. Wer draußen gelebt hat, wird bestätigen, daß bei der jetzigen unpolitischen Stimmung der Ausländsdeutschen viel eher das Reich durch energischen Schutz und lebendiges Interesse erst das Bewußt­sein in den Ausländsdeutschen erzeugen muß, daß sie Vorkämpfer der Interessen ihres Vaterlandes in der Fremde sind, als daß ein Ueber­maß dieses Bewußtseins etwa die Gefahr eines Mißbrauchs deutscher Macht befürchten ließe. Dazu sind gegenwärtig schon die Interessen der Aeberseedeutschen zu einseitig geschäftliche und individuelle, zu wenig allgemeine oder patriotische. Verhalten sich die Deutschen politisch völlig neutral und unthätig und überlassen sie das ausschließlich den Engländern und Nordamerikanern, die dazu wahrlich nicht erst, wie