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Die Deutschen im tropischen Amerika (Mexiko, Mittelamerika, Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru und Bolivien) : mit Übersicht über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Länder / von Wilhelm Wintzer
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Vermischung mit den Indianern. Die Befreiungskämpfe. ^5. Heft.

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nere Seite hervor. Mährend die Engländer nr Anrerika die Indianer ausrotteten, sich von ihnen absonderten, sie dann zusammendrängten, betrogen und mordeten, gönnten die Spanier ihnen, nachdem sie ihre politische Macht gebrochen hatten, Leben und Lust, ja vermischten sich mit ihnen, so daß heute säst in allen spanisch-amerikanischen Ländern die Mischlingsrasfe aus Spaniern und Indianern die Haupt­bevölkerungsmasse bildet. Mährend die Zahl der Nordamerikanischen Indianer heute schon verschwindend ist und immer mehr abnimmt, haben sich in Mexiko, Mittelamerika, f)eru und Ekuador noch große Mengen reiner Indianer erhalten. Man rechnet in Mexiko und Mittelamerika 6H2 Millionen Indianer, qck/2 Millionen Mischlinge und 2 Millionen reine Meiste, im Westen Südamerikas qch4 Millionen Meiste, 2H3 Millionen Indianer, NH Millionen Mischlinge. In Venezuela und Brasilien kommt dazu eine Neger- und Mulatten - bevölkerung, die doppelt so groß ist, als die gesamte übrige. Nirgends erkennt man freilich nach der spanischen Anechtung in den Indianern aztekischen oder Inka-Stammes, abgesehen von zum Teil äußerlich stattlichen und schönen Erscheinungen, mehr die Angehörigen einer mächtigen Aulturnation. Sie rechnen durchweg zu den untersten Volksschichten. Die Anzahl aller Indianer hat sich in den Jahren söOO l.900 etwa von sOO aus tO Millionen vermindert.

Der eiserne Ring, den das Mutterland um die Aolonien geschla­gen hatte, barst, als Spaniens Macht am Aistang unseres Jahrhunderts unter Napoleons Ansturm zu wanken begann. Nachdem Nordamerika das Beispiel gegeben, loderte nun auch im spanischen Amerika allent­halben die Freiheitsfackel empor, angefacht von dem Unabhängig- keits- und Selbstgefühl, das sich in der unendlichen Fruchtbarkeit und Ausdehnung der neuen Melt trotz aller Anechtsseligkeit in den späteren Geschlechtern von selbst entwickelt hatte. Ueber den Reichtum des Bodens, auf dem schon die Vorfahren gewandelt, selbst zu ver­fügen, über die Schicksale des Vaterlandes selbst zu entscheiden, dieser Gedanke entflammte zu todesmutiger Begeisterung, und brachte den ganzen Haß zum Durchbruch, den in Areolen, Mischlingen und Indianern die drei­hundert Jahre währende spanische Millkürherrschast angesammelt hatte.

Die Befreiung Mexikos und Mittelamerikas begann ein armer Dorfpsarrer Hidalgo, der sich zunächst gegen das grausame Verbot wehrte, den Betrieb einer von ihm zum Besten der Indianer gegrün­deten bescheidenen Baumwollweberei einzustellen. Bald jedoch schrieb er das MortUnabhängigkeit" aus seine Fahne, und die Airchen- glocke, mit der er zur Empörung läutete, wird noch heute am Un- abhängigkeitssest auf dem Palast in Mexiko nachts unter dein dröh­nenden yviva la mckepevckenciu^ der auf dem Hauptplatz zusammen­gedrängten vieltausendköpfigen Menge vom Präsidenten der Republik geläutet. Nachdem Hidalgo von seinen eigenen Leuten verraten, von den Spaniern gefangen und hingerichtet war, hat General Morelos die Empörung erfolgreicher fortgesetzt. Erst der Abfall der meisten Spanier zur Sache der Aolonie führte zu einem selbständigen feudal-