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Fleischmann, Verwaltung der Kolonien 1911.
führliche Bestimmungen sind hier über die Unterbringung und Beaufsichtigung solcher Arbeiter in größeren Gewerbebetrieben getroffen: für entsprechende Unterkunft und Verpflegung, ärztliche Behandlung auf die Dauer von sechs Wochen (gesteigert mit der Zahl der beschäftigten Arbeiter), Sorge für Wasser und Brennmaterial, Zahlung des Lohnes in barem Gelde deutscher Währung, Führung von Listen über den Arbeiterbestand, die Lohnzahlung, die Krankheitsfälle. Über all dies wacht der Eingeborenenkommissar oder Bezirksamt und Distriktsamt. Ein besonderer Teil ist der Beschäftigung von eingeborenen Arbeitern gewidmet, die nicht im Schutzgebiete dauernd ansässig sind: ein schriftlicher Arbeitsvertrag, der auch über Lohn- und Kündigungsfristen sich verhält, muß abgeschlossen werden; ärztliche Behandlung auf die Dauer von sechs Wochen muß der Arbeitgeber gewähren, er hat die Kosten der Verpflegung und der Rückreise bis zum Anwerbeorte auch auf Bahn und Schiff zu tragen. Die Anwerbung von eingeborenen Arbeitern aus dem Ambolande wird ausschließlich durch eine Anwerbestelle unter staatlicher Aufsicht besorgt, für die der Gouverneur eine Dienstanweisung erlassen hat; der Arbeitsvertrag wird namens des Arbeitgebers von der Anwerbestelle geschlossen, an die auch für jeden Arbeiter eine Gebühr zu entrichten ist, die zu einem Teile an die Gouvernementskasse abgeführt werden muß; der Eingeborenenkommissar hat die Erfüllung der Vertragspflichten zu überwachen.
Über die Besteuerung der Eingeborenen vgl. Ziffer VI, Nr. 2.
Auch das Allzumenschliche darf nicht fehlen. Wie im vorigen Jahre Togo hat dieses Mal Kamerun (12. Juni) ein Verbot gegen das Tragen von Rollfezen in der bei der Schutztruppe oder Polizei eingeführten Form erlassen.
VI. Kolonialfinanzen.
Aus dem Haushaltsetat für die Schutzgebiete (abgerundet in 1000 Mk.):
1911
1010
1912
Ordentl.
Etat
Außer-
ordentl.
Etat
Reichs
zuschuß
Reichszuschuß
Ostafrika
14605
17615
3543
3585
3618
Kamerun
92 73
12300
2313
2383
2.345
Togo
3216
127
—
—
—
Südwestafrika
34998
9000
11416
14426
13828
Neuguinea (und inselbezirke)
2183
—
760
923
1208
Samoa
Kiautschou (nebst ostasiatischem
932
—
—
—
—
Marinedetachement)
13539
—
7704
8131
7598
78746
39042
—
—
—
In der Erschließung der Steuerquellen ist ein gewisser Beharrungszustand eingetreten. Die einzelnen Steuerarten erscheinen ausgeprobt. Was hinzukommt, ist nur hin und wieder eine Gebühr (Sprengstoffe) oder eine Zwecksteuer (so in Samoa zur Deckung der durch die Bekämpfung der Rindenfäule des Kakaobaumes entstandenen Kosten). In Südwestafrika ist die Branntweinverbrauchsabgabe geändert (9. November 1910, Kolonialblatt 1911, S. 3), und die Gebühr für den Erlaubnisschein zum Handel mit geistigen Getränken ist neugefaßt worden (11. März 1911). Für Kamerun ist unter dem 1. August eine neue Zollordnung ergangen, die namentlich für Feuerwaffen, Spirituosen, Zigarren beträchtliche Erhöhungen oder Veränderungen bringt, aber auch den Ausfuhrzoll für landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht unangetastet läßt. In Samoa (10. April) ist der Einfuhrzoll von 10%
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