Part 
T. 1 (1914) Die Reise: Eindrücke und Beobachtungen / unter Mitarb. von Marie Pauline Thorbecke und Leo Waibel
Place and Date of Creation
Page
53
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

53

bis Linde, haben wir in ihnen die steilen, felsigen Höhen des etwas aufge- wulsteten Südrandes erkannt.

Zwischen ihnen und unserm Standpunkt hat der Egong mit seinen Zu­flüssen-eine weite, flache Senke ausgeräumt, die er durch das schon beim Auf­stieg vermutete, jetzt von oben deutlich beobachtete Felsental entwässert.

Hier bekamen wir zum ersten Mal den Eindruck, der sich bei den Wanderungen der nächsten Monate immer mehr zur feststehenden Tatsache ver­dichtete, daß die Ndomme nicht eine mehr oder minder breite Gebirgskette mit deutlich abgesetzten Rändern an beiden Längsseiten seien, sondern vielmehr eine riesige Hochfläche, die in steiler Stufe über die südlich vorgelagerte Wute-Ebene emporsteigt und sich ganz langsam nach Norden in großen Boden­wellen zum Oberlauf des Mbam hin senkt. Aus dieser gewaltigen Fläche erheben sich größere, zusammenhängende Teile zu bedeutenderer Höhe, wie die Stufe zwischen Mboa und Bambu, die ich West-Ndomine nennen möchte, wie der südöstliche Teil, auf dem Joko liegt, wie die Labarä. Außerdem sind überall über die Fläche im Süden wie im Norden große und kleine Felsberge verstreut. Die Fluß- und Bachtäler sind ganz verschieden tief eingeschnitten; um da irgend eine Gesetzmäßigkeit der Erosion zu erkennen, muß die Fertigstellung der Karte und die Ausrechnung der zahlreichen Höhenmessungen abgewartet werden. Erst dann wird sich ein abschließendes Bild der Morphologie der Ndomme gewinnen lassen.

Unser Plan war, von Bambu aus die südliche Hochfläche der Ndomme in der Richtung auf Linde zu überqueren; selbst ohne Weg wäre das in dieser Jahreszeit bei dem jetzt ganz niedrigen Graswuchs ohne große Schwierigkeiten durchzuführen gewesen. Da befiel mich zwei Tage nach der Besteigung des Bamadurru eine, wenn auch nicht heftige, so doch unverkennbare Dysenterie, die alle Arbeitspläne über den Haufen warf. Die Expedition mußte elf Tage liegen bleiben, bis ich in der Hängematte transportiert werden konnte, eben­so wie Waibel, der nach der ersten Exkursion oder in Folge eines geringen Diätfehlers einen Rückfall erlitten hatte. In dieser Zeit hat meine Frau die Expedition geführt, bis Joko die Route aufgenommen und größere Peilungen gemacht, trotzdem sie schon an einer erst unterwegs richtig zum Ausbruch kommenden Malaria litt; ihre Erkrankung zwang uns, in dem großen Häuptlings­dorf Jakong Aufenthalt zu nehmen, wo sie sich erfreulich rasch erholte. Aber Waibel bekam schon zwischen Bambu und Jakong einen so schweren zweiten Rückfall, daß ich mich entschloß, ihn sofort nach Joko zu schicken, wo er auf der Regierungsstation liebenswürdigste Aufnahme und Pflege fand und sich, trotz weiterer kleiner Rückfälle, ganz gut zu erholen seinen.

Jakong ist ein schönes, großes Tikardorf, der Sitz eines wegen seines Reichtums weithin bekannten Häuptlings. Unsere Aufnahme entsprach durchaus diesem Ruf; Trägerwechsel und Verpflegung erledigten sich fast von selbst. Das Dorf zeigt, trotz seiner Größe, die typische Straßenform; von der breiten, fast platzartig erweiterten Hauptstraße, an der hinter hohen Mattenzäunen die Gehöfte des Häuptlings und der Großen liegen, zweigen nur schmale Gassen ab, die in gewundenem Lauf zwischen den geflochtenen Graswänden fast gang­artigen Charakter haben.