Die Ndomme
Fünf Tage blieben wir in Ngarnbe; Waibel hatte sich so erholt, daß wir am 18. März zu neuer Wanderung in südlicher Richtung, auf die Ndomme zu, aufbrechen konnten.
Nachdem die jetzt recht stattliche Karawane den Kim im Boot und auf der Hängebrücke passiert hatte, marschierten wir durch waldreiches Gelände genau südwärts. Der Weg erschien uns, die wir zuletzt auf elenden Negeroder Haussah-Pfaden gewandert waren, ausgezeichnet; es war die „Regierungsstrasse". Sie führt nach Joko und wird von den Häuptlingen der vielen kleinen Dörfer in Ordnung gehalten, die dazu von ihren ursprünglichen Wohnstätten an die Straße geholt sind. So ein kleines Dorf besteht oft nur aus fünf bis zehn Hütten, die in zwei Reihen die breite Dorfstrasse bilden.
Ein starkes Gewitter war am letzten Abend bei Ngambe niedergegangen; es hatte in der Ferne gedonnert, einzelne schwere Regentropfen waren auf unser Zeltdach gefallen. Die bis dahin so dunstige Luft wurde merklich geklärt und von einer deutlichen Stufe im Gelände sahen wir — was auf solche Entfernung bisher unmöglich gewesen wäre — plötzlich die gewaltige Linie des Njua klar und scharf zu unserer Linken. Auch nach Süden gewannen wir bald freien Blick vom Gipfel eines hohen Savannenrückens. Am Horizont erstreckte sich ein Höhenzug in ruhigen, gleichmäßigen Formen; breit hingelagert, nur wenig hoch, ohne steile Felswände oder schroffe Gipfel, schien er uns wenig dem zu gleichen, was wir uns unter dem wilden und unzugänglichen Ndomme-Gebirge vorgestellt hatten. Uber den Namen und seine Bedeutung hatten wir inzwischen mancherlei erfahren. Die Bezeichnung „Ndomme" für einen Volkstamm finden wir zuerst bei Morgen 1 , der die Leute von Bamkin und von Njua so nennt; bei Passarge 2 ist die Rede von dem „interessanten Volk der Domme". Wir hatten schon häufig unsere Tikarleute gefragt, ob wir diesen Ndomme weiter im Süden, im Gebirge, begegnen würden; verlegenes Lachen oder die dem Neger so geläufige Wendung, daß er nichts davon wisse, war stets die Antwort gewesen. Doch schließlich gestand einer, Ndomme sei eine Art Spottname, den die Wute den Tikar geben, wie die Tikar ihrerseits die Wute Mable nennen. Ein Volk, das sich selbst Ndomme nenne, gäbe es nicht, und das Ndomme-Gebirge seien eben die Bergländer, in denen Tikar wohnen. Auch von dem langen Bergzug vor uns sagten sie, daß er von Tikarleuten bewohnt
1 Morgen, K. Durch Kamerun von Süd nach Nord. S. 263.
2 Passarge, S. Kamerun. [Das Deutsche Kolonialreich. I.] S. 600.