Teil eines Werkes 
T. 1 (1914) Die Reise: Eindrücke und Beobachtungen / unter Mitarb. von Marie Pauline Thorbecke und Leo Waibel
Entstehung
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Duala und die Nord-Bahn

Von den größeren europäischen Niederlassungen, die der Woerniann- Dampfer bei seiner Fahrt an der Westküste Afrikas berührt, nehmen sich die beiden deutschen, Lome und Duala, von dem auf der Reede liegenden Dampfer wohl am freundlichsten aus. Sie machen den Eindruck von Gartenstädten im wahren Sinne des Wortes. Die hellen Häuser mit grauen oder roten Dächern liegen verstreut zwischen Palmen, Rasenflächen, hübschen Gruppen von Laub­bäumen oder Kasuarinenhainen. In Lome haben erst die deutschen Ansiedler dies anziehende Bild geschaffen, in Duala sind es Reste des dichten Urwalds, die man hat stehen lassen. Hoffentlich bleibt diese offene Bauweise gewahrt; bei der großen Ausdehnung des Weichbildes der Stadt ist Platz genug vor­handen. In der Europäerstadt schwinden die Eingeborenenhütten immer mehr und werden mit dem Ausbau von Wasserleitung und Kanalisation bis Ende 1914 hoffentlich ganz verschwunden sein, vorausgesetzt, daß die Enteignung stramm durchgeführt wird ohne übertriebene Rücksicht auf die faulen Duala. Mit den zum Stadtbezirk gehörenden, sehr weitläufig gebauten Eingeborenendörfern der nächsten Umgebung beträgt das Areal dieser größten deutschen Niederlassung im tropischen Westafrika über 30 qkm; auf die Uferlänge entfallen allein 7 km, die noch weiten Raum der künftigen Verkehrsentwicklung bieten; allerdings muß der Ausbau des Hafens energischer gefördert werden, als es bisher ge­schehen. Noch immer bildet dieBarre" ein Hindernis für größere Schiffe; Anfang 1913 war ihre Wegräumung beschlossen, aber noch nicht begonnen.

Landschaftlich am schönsten ist in Duala der Garten des früheren Gou­verneurpalastes, in dem heute der Bezirksamtmann wohnt. Dieser öffentliche Garten ist ein wahres Wunder von Schönheit und Pflanzenpracht. Auf weiten, wohlgepflegten Rasenflächen erheben sich die sanft geschwungenen Stämme der Kokospalmen, steil aufragende, schlanke ölpalmen und eine riesige Borassus­palme, ein besonderes Prachtexemplar mit breiten Blattfächern; dazwischen die dichten, dunklen Laubkronen der Mangobäume, helle Bambusgebüsche und eine Menge blühender Bäume und Sträucher, unter denen die großen Tulpenbäume mit ihren brennend roten Blüten besonders auffallen. Hier in diesem Garten stehen auch die Denkmäler für Gustav Nachtigal, den Hauptmann von Graven- reuth, den langjährigen Bezh'ksamtmann v. Brauchitsch und die im Kampfe mit den Duala gefallenen Matrosen der deutschen Marino. Bei klarem Wetter hat man hier, von dem steilen Ufer der Joß-Platte aus, den schönsten Blick auf den gewaltigen Kamerun-Berg, dessen flache Kegelform seinen vulkanischen Charakter gut erkennen läßt.

1 Thorbecke, Hochland von Mittel-Kamerun I