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sei. Nun war es uns klar: Morgen war von Süden her, von den Wute gekommen; bei ihnen hatte er wahrscheinlich das nördlich wohnende Volk der Tikar „Ndomme" nennen hören. So kam der Name in die Kamerun-Literatur.
Als wir bei sinkendem Abend in dem kleinen, an einem Hügel liegenden Dorf Mongong ankamen, fanden wir Waibel, der voraus marschiert war, schwer krank. Durch die Anstrengungen des Marsches war ein heftiger Dysenterie-Anfall ausgelöst, an ein Weiterziehen war für ihn nicht zu denken. Zunächst hieß es einige Tage ruhig abwarten und den Kranken beobachten. Ich benutzte die Zeit zu einer sein* genauen, großen Rundpeilung vom Hügel über dem Dorf, der uns herrliche Aussicht bot. War doch am ersten Abend unter gewaltigen Regengüssen ein Gewittersturm niedergegangen, der richtige tropische Tornado, in dem Blitz auf Blitz unablässig folgt und ein orkanartigen- Wind daher fährt.
Nach diesem ersten, starken Regen war die Luft wunderbar klar geworden; wir sahen den Njua und den ganzen Inselbergkranz zu seiner Linken mit fabelhafter Deutlichkeit; jeder Gipfel, jeder Felsturm war auf die weite Entfernung so gut sichtbar, wie selten in der dunstigen Trockenzeit aus der Nähe. Wir konnten die Arbeit des verflossenen Monats an die künftige anschließen, indem wir alle früher bestiegenen und umwanderten Berge auf dasselbe Peilblatt mit dem langen Bergzug der Ndomme brachten und mit noch anderen Bergen im SW, zu denen wir erst viel später kamen.
Als nach drei Tagen Waibels Erkrankung einen gefährlichen Verlauf nicht genommen, faßte ich rasch neue Pläne. Von einem gleichzeitigen Erforschen der Ndomme von Norden und Süden her konnte nicht mehr die Rede sein, wir mußten uns zunächst auf die Untersuchung des benachbarten Teils des Gebirges und seines noch ganz unbekannten W T estfußes beschränken. Meine Frau blieb mit dem Kranken und wenigen Leuten in dem elenden Dorf Mongong.
Ich wollte zunächst über das Gebirge ziehen, um in Linde Anschluß an Waibels Routen zu bekommen, und dann um den Westfuß auf neuem Weg nach Mongong zurück. Die meisten Träger wurden entlassen. Ohne Zelt, mit nur acht Lasten und wenigen Leuten, marschierte ich am Morgen des 22. März allein ab, zuerst noch südwärts auf der „großen Straße". In Mboa biegt sie in scharfem Winkel nach Osten ab und führt in dieser Richtung bis Joko, zum Sitz der Verwaltung der meisten Tikar-Länder.
Mein Pfad ins Gebirge ging weiter nach Süden, hinüber über die ganz flache Wasserscheide zwischen Kim und Mpem.
Bis tief in die Nacht mußte ich an diesem ersten Tag marschieren und mich ohne Laterne, nur beim flackernden Schein ganz primitiver, aus Grasstroh und dürren Zweigen zusammengebundener „Buschfackeln" durch dunkeln Wald tasten, der die breite, sumpfige Niederung jenseits des Mpem erfüllt. Diese flache Senke greift tief ins Gebirge ein und wird durchströmt von sehr wasserreichen Zuflüssen des Mpem, die die sumpfigen Hochtäler dieses Teils der Ndomme entwässern. Der Mpem selbst entspringt weiter östlich auf dem höchsten Teil der inneren Ndomme-Fläche und fließt in weitem Bogen um den Westfuß des Gebirges herum.