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Leute werden aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen und führen au der Straße ein unzufriedenes Schein-Dasein: ihre alten Farmen im Wald geben sie doch nicht auf. Einige wenige große Dörfer an der Straße wären für den Verkehr und die Verpflegung der Karawanen viel besser als jede halbe Stunde ein paar Hütten, die nur eine Handvoll Leute verpflegen können.
Von einem der Fläche aufgesetzten Berg hatte ich gute Aussicht über den Mbam hinüber bis ins Land Bamum. Immer wieder hat man dasselbe Bild vor sich: weite Flächen, von dunkelm Wald bedeckt. Ihrem Aussehen nach erinnern diese Wälder durchaus an den Tieflandswald der Küste. Vor allem überraschen die Riesenbäume mit den mächtigen Bretterwurzeln, die an Umfang und Höhe den größten Waldriesen im Küstenurwald nicht nachstehen [Tafel 23, Abb. 1 und 2]. Mächtige, oft fußdicke Lianen umranken sie; Epiphyten aber sind selten, am häufigsten noch Nestfarne und graue Bartflechten. Träufelspitzen, eine so bezeichnende Ausbildung des Blattes im Tieflandswald, beobachtete ich oft.
Doch darf man neben diesen Ähnlichkeiten die Unterschiede nicht übersehen. Eine oft Dezimeter dicke Schicht welken, abgefallenen Laubes bedeckt den trockenen Boden, und der Fuß, der darüber hinwegschreitet, verursacht dasselbe raschelnde Geräusch wie im Herbst in unsern Wäldern. Sehr viele Bäume, besonders die höchsten, sind kahl. Auch das niedere Buschwerk ist häufig unbelaubt, verdorrt und verwelkt; Lianen und Epiphyten sehen kümmerlich aus. Der Wald macht so einen öden und manchmal direkt häßlichen Eindruck: kahle Äste, dürres Laub, graue Farben. Die frische, üppige Kraft des Tieflandwaldes fehlt, wenigstens jetzt in der Trockenzeit.
Andere, wichtige Unterschiede kommen hinzu. Der Hochlandswald hat nur zwei Stockwerke, Unterholz mit niederem Gestrüpp und jungen Bäumen, darüber Riesenbäume. Bäume mittlerer Größe fehlen durchaus und damit auch ein dichtes, geschlossenes Laubdach. Uberall sieht man den Himmel, der Wald ist nicht so düster, die Lichtstrahlen gelangen überall hin; das Unterholz ist hoch, die Riesenbäume stehen verhältnismäßig dicht. All das erschwert ein Wandern abseits vom Negerpfad sehr. Der Wald verdockt Berg und Tal, Anstieg und Abstieg; ein Uberblick über die Geländeformen und Wasserläufe ist ganz unmöglich. Damit hängt auch die Unsicherheit der Karten zusammen, deren Gewässernetz noch mancher Berichtigung bedarf 1 .
Noch vor wenigen Jahren lieferte dies Waldland den Kaufleuten in Ngambe und Bamum große Mengen Gummi. Heute ist der Wald ausgeraubt und ohne Anschluß an den Groß-Verkehr wirtschaftlich wertlos.
Die üppige Vegetation läßt ohne weiteres auf ein gutes, also regenreiches Klima schließen. Der Boden ist tiefgründig, im Wald verhältnismäßig humusreich. Die Höhenlage von 700—800 m läßt noch alle echt tropischen Früchte gedeihen. Makabo und Papaya werden viel gepflanzt, Ölpalmcn werden weiter nach Süden, in Bukamba und besonders in Ditam, sein: zahlreich. Papageien und Webervögel beleben wieder die Landschaft. Es ist heiß und schwül, die Temperatur beträgt morgens 19°—20°, und steigt am Tage bis zu 30° und 35°. Die Nacht
1 Vergl. Waibel. Vegetationsbilder von West-Tikar. Deutsche Kol.-Ztg. 1912, No.27.