Zweites Kapitel.
Der Aufstand der hundertundvier Männer.
Die tiefe Bewegung, die die Reformation überall in Deutschland hervorgerufen hatte, mußte notwendig über die Grenzen des religiösen Gebietes hinausfluten. Wie sie den ganzen Menschen ergriff, so drang sie in alle Beziehungen des Lebens ein. Sobald die Aufmerksamkeit der weitesten Kreise des Volkes auf die Schäden der Kirche gerichtet worden war, faßte sie auch die Mängel des Staatslebens und mehr noch die der sozialen Zustände ins Auge. Die Erschütterung der Autorität der Priester zog die der weltlichen Gewalten, ja alles Bestehenden nach sich. Eine umfangreiche Flugschriftenlitteratur, die begierig gelesen wurde, verbreitete unter biblischen Gesichtspunkten kommunistische Anschauungen und malte den Bedrängten wol ein goldenes Zeitalter vor.
Und in der That fand der große Haufe, dem die Freiheit des Evangeliums eine Erlösung von allen beengenden Schranken des Lebens zu verheißen schien, in den gesellschaftlichen Zuständen Anlaß genug zu begründeten Klagen. Schon seit geraumer Zeit gährte es vieler Orten, wo bei zunehmender Teuerung der Druck der Zehnten und Frohnden gegenüber dem wachsenden Luxus der Fürstenhöfe und der Städte besonders schwer empfunden