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Die deutschen Kolonien und ihre Zukunft / von E. v. Liebert
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werden wird. Hoffentlich befinden sich alsdann alle deutschen Inselgruppen bereits in wirtschaftlicher Blüte und können reiche Ernten auf dem neuen Seewege den deutschen Häfen zuführen.

6. Das Kiaukjchou-Gebiet.

Das Küstengebiet von Kiautschou ist bekanntlich von China nur pachtweise auf 99 Jahre an das Deutsche Reich überlassen. Es nimmt daher eine andere Stellung ein als die übrigen deutschen Kolonien. Es ist auch deutscherseits uicht der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts, sondern dem Reichsmarineamt unterstellt uud charakterisiert sich demnach als Flottenstation, die einzige, die Deutschland im Auslande besitzt. Seiner Entwicklung ist diese Absonderung von der Verwaltung der übrigen Kolonialgebiete sehr zum Heil ge­wesen; denn das Reichsmarineamt hat nicht die klägliche Zurückhaltung, Aengstlichkeit und das Ungeschick dem Reichs­tage gegenüber bewiesen, deren sich die bisherige Kolonialab­teilung in ihren Forderungen befleißigte. Bis zum Jahre 1904 swo infolge des südwestascikanischen Krieges die normalen Kolonialbudgets aushören) hat Kiautschou ziemlich genau so viel gekostet als die sämtlichen übrigen Kolonien zusammen <12i/z zu 13 Mill. Mark jährlich). Auf Grund dieser weit­sichtigen Politik uud großzügigen Kapitalanlage hat sich Kiautschou im Laufe eiues Jahrzehnts zu einem wichtigen Platze entwickelt, der in feinem äußeren Ausbau, Hafenanlagen, Steuer-, Schul-, gesundheitlichen, Verkehrs- und Handelsver­hältnissen die Aufmerksamkeit des Auslands aus sich zieht. Glücklicher Weise haben Männer der Praxis nnd der Tat, die Ostasien und seine Lebensbedingungen kennen, an seiner Wiege gestanden und leiten dauernd seine Geschicke, nicht Geheim- Rüte, die vom grünen Tisch aus die gesunde Entwicklung unserer afrikanischen Kolonien 20 Jahre hindurch ausgehalten haben.