1. Warum treiben wir Kolonialpolitik?
Trotzdem das Deutsche Reich vor zweiundzwanzig Jahren in die Reihe der Kolonialmächte getreten ist und sich seine Sporen auf kolonialem Gebiete gründlich verdient hat, gibt es noch immer nicht nur einzelne Deutsche sondern ganze Parteien, die von einer kolonialen Ausbreitung nichts wissen wollen. Deshalb muß ungeachtet der stark angeschwollenen kolonialen Literatur immer von neuem auseinandergesetzt werden, welche Gründe uns zum Hissen unserer Flagge Übersee geführt haben. Glücklicherweise sind der politischen Gegner der Kolonialpolitik mit den Jahren immer weniger geworden, so daß zu hofseu steht, allmählich alle —mit Ausnahme der politisch unzurechnungsfähigen Sozialdemokraten — zu überzeugen.
Die kolouiale Bewegung hat im deutschen Volke unmittelbar nach der Wiederaufrichrung des Deutschen Reiches, mit dem Anwachsen der Reichsmarine, dem großen Aufschwung in Industrie, Handel und Seeschiffahrt eingesetzt. Zumeist wurde sie getragen von der in den 70er Jahren und noch Anfang der 80er erschreckend großen Ziffer der deutscheu Auswanderung, die damals 220000 Köpfe im Jahr unserm Volkstum entführte und fast ausschließlich Nordamerikas aufstrebende Landwirtschaft und Industrie stärkte. Die in jener Zeit sür den Erwerb von Kolonien wirkende Literatur beschäftigte sich hauptsächlich mit der Auswanderungsfrage und suchte deren Lösung durch den Gewinn eines Neudeutschlands Übersee herbeizuführen.
Inzwischen ist zwar die deutsche Auswanderung auf ^/g der obigen Ziffer, auf 28000 per Jahr, zurückgegangen, aber die Vevölkerungszunahme ist die gleiche geblieben, und jede industrielle Krise kann die Zahl wieder anschwellen lassen.