Die Volksabstimmung
Ziemlich einmütig hat die ganze Welt die Schwärmer- idee abgelehnt, den Eingeborenen in den Kolonien das Selbst- bestimmungsrecht in dem Sinne zu gewähren, daß sie durch Volksabstimmung ihre Schutzmacht selber zu wählen hätten. Das wäre eine Komödie, sagen laut die einen. Das wäre der Anfang vom Ende der europäischen Kolonialreiche, denken im stillen die andern.
Aber ganz konnte England, der Altmeister der Regisseurkunst, der Versuchung doch nicht widerstehen, wenigstens ein paar effektvolle Szenen der Komödie auf die Bühne zu bringen. Wie allerliebst und rührend nimmt es sich aus, wenn die endlich von allem Übel erlösten Kinder der Natur nach einem abscheuerfüllten Seitenblick auf den bösen Deutschen die unschukdvollen Augen gläubig zu ihrem Retter aufschlagen: „Herr, bleibe bei uns! Geh nicht von uns, Herr!" Das mehrfach erwähnte englische Weißbuch liefert den Theaterbericht zu diesem Rührstück. Und die Presse fast der ganzen Welt johlt verständnisvollen Beifall.
Freilich, das haben die Komödien alle an sich: ein Blick hinter die Kulissen — und die Illusion ist dahin. Eine ganze Anzahl Deutscher hat die englische Maschinerie arbeiten sehen und verbürgt sich für die Richtigkeit folgender Angaben: Beim Erscheinen des von England hinausgesandten Zivilverwalters für die besetzten Gebiete Deutsch-Ostafrikas wurden zwangsweise Volkskundgebungen ins Werk gesetzt, die die Ergebenheit der Eingeborenen sinnfällig dartun sollten. Kurz darauf machten Austrommler in den Straßen von Tanga einen Be-