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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
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Mitteleuropäische Urnenfelderkultur und keltisches Latene

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vorchristlichen Jahrtausends im Bereich der Urnenfelderkultur des östlichen Mitteleuropa, das zentrale Heilszeichen im Kultus bildete 4 ). Die angeführte Uberlieferung stammt von irisch-keltischem Bereich und gehört der IV. Periode der dortigen Eisenzeit an, die etwa der jüngeren römischen Kaiserzeit entspricht, und deren Ende um 450 angenommen wird 5 ). Die auffallende Ubereinstimmung der irischen Darstellung mit der urnenfelderzeitlichen Mitteleuropas wirft die Frage auf, ob hier eine echte Uberlieferung besteht. Zu einer positiven Antwort ist es nötig, Zwischenglieder aufzuzeigen, die eine lebendige Tradition wahrschein­lich machen.

Dechelette hat bereits darauf aufmerksam gemacht, daß eine einst so weit ver­breitete Erscheinung wie die Vogelsonnenbarke nicht plötzlich verschwinden kann, und daß man ihr auch in der Latenezeit vereinzelt noch begegnet 6 ). Als Zeugnis dafür hatte er auf einige Halsringe aus dem Marnegebiet verwiesen, deren aufge­setzte Randverzierungen offenkundig solche Deutung fordern. So befindet sich auf dem Halsring von Attancourt, Haute Marne, ein Barkenpaar (Abb. 3, 1), das noch ganz im alten Urnenfelderstil gehalten ist wie auf dem Bronzebecken von Rossin in Vorpommern und der Amphore von Prenzlawitz im Gebiet der unteren Weichsel (Abb. 3, 3) 7 ); auch die paarweise Wiedergabe auf dem keltischen Hals­ring zeugt noch von dem Bewußtsein alter Forderung und lange gebotenen Ge­setzes. Gewandelt ist nur, offenbar dem Stil der Zeit entsprechend, die schlichte Punktbuckelform des Sonnenbildes der Urnenfelderzeit zwischen den Barken zu einem anspruchsvolleren Dreipaß, einer Ausdrucksform, die in der Hallstattzeit aber bereits vorbereitet war 8 ).

Ein Vergleich dieses Ringes mit solchen wie Breuvery im Marnegebiet zeigt (Abb. 3, 5) 9 ), daß auch dessen Randverzierung die Vogelsonnenbarke zu Grunde liegt, wenn auch die beiden Sonnen demFestschnüren" der Barken am Ring­körper zum Opfer gefallen sind. Die Komposition beider Ringe legt es nahe, so­wohl in dem Dreipaß zwischen den Barken, wie den Kreismustern an den äußeren Enden das Sonnenmotiv zu sehen, das auch in den Darstellungen auf den alten Bronzegefäßen der Urnenfelderkultur zwischen den Barken stand (Abb. 3, 3) und nach Ausweis der latenezeitlichen Wiedergabe an beherrschender Stelle offenbar nicht als Füllmuster aufzufassen ist, sondern von zentraler Bedeutung zeugt. An­deren Ringen aus dem Marnegebiet ist das Motiv der Vogelsonnenbarke nur ein­mal aufgesetzt (Abb. 3, 2. 6) 10 ). Es fehlt der Schiffskörper, und die beiden Vögel sind dem Sonnensymbol, das hier ganz wie in älterer Zeit als Rad oder schlichter Kreis dargestellt ist, zugewandt. Aber auch diese verkürzte, abgewandelte Art

4 ) Jahrb. RGZM. 1, 1953, S. 28 f.; Bremer Arch. Blätter 3 (1962) S. 28 f.

6 ) Marburger Studien, S. 204; v. Jenny, Metallarbeiten. S. 55 denkt an das 1. Jahrhundert n. Chr. Vgl. dazu auch A. Mahr, Ancient Irish Handicraft (1939) S. 11 u. Taf. 9, 2; 11, 4.

6 ) J. Dechelette, Manuel d'Archeologie prehistorique celtique et gallo-romaine II (1910) S. 464 f. (abgekürzt: Dechelette).

7 ) E. Sprockhoff, Zur Handelsgeschichte der germanischen Bronzezeit (1930) Taf. 30 b, 37 b (abgekürzt: Sprockhoff, Handelsgeschichte.); G. v. Merhart in: Festschrift des Römisch-Ger­manischen Zentralmuseums in Mainz zur Feier seines hundertjährigen Bestehens 1952. 2 (1952) Taf. 3; 24, 7.

e ) H. Broholm, Danmarks Bronzealder 4 (1949) Taf. 25, 7 (abgekürzt: Broholm, Bronzealder.). ») P. Jacobsthal, Early celtic art (1944) Taf. 138, 240. 10 ) Dechelette II Abb. 195 u. 563; Jacobsthal a. a. O. Taf. 138, 239.