Siebentes Kapitel.

Die Eingeborenen Südwestafrikas.

In ethnographischer Beziehung kann man unser Schutzgebiet nicht allein als das interessanteste Land von Südafrika, sondern ohne Übertreibung als eines der am meisten anziehenden Gebiete der ganzen Erde bezeichnen. Nicht nur der Umstand, dass hier in friedlichem oder feindlichem Nebeneinander mehrere von Grund aus verschiedene Rassen ihre Wohnsitze gefunden haben, ist der Grund, weshalb wir dies Land der eingehenden Unter­suchung fachmässig vorgebildeter Ethnologen wert erachten. Noch mehr ist die in allgemein menschlichen Dingen begründete Aufmerksamkeit zu erklären, die uns zwingt, die Völkerschaften dieser Kolonie näher kennen zu lernen, wenn wir uns die tiefen Gegensätze vergegenwärtigen, die in den beiden wichtigsten Stammesgruppen uns entgegentreten, wenn wir Sinn für die düstere Tragik besitzen, welche in dem allmählichen Untergange eines ehemals geistig hochstehenden Teiles der Menschheit liegt, der durch eine Jahrtausende währende Zeit der Abgeschlossen­heit gegen entlegene Kulturwelten in der Einsamkeit seiner von Europa und Nordafrika endlos weit entfernten Steppen die Widerstandskraft gegenüber plötzlich auf ihn eindringenden fremden und schädlichen Einflüssen eingebüsst hat. Denn die dunkelfarbigen Hirtenvölker des südafrikanischen Ländergebiets, von der Natur mit einem kräftigen Körper und weniger Nerven und Hirn begabt als die schwächeren und geistig regsamen Hottentotten, sind erst in verhältnismässig später Zeit in das Süddreieck der Alten Welt eingewandert. Wir können uns, fussend auf den Vorgängen in benachbarten Gebieten und auf den Nachrichten und Untersuchungen, die sich auf Ereignisse in Südafrika selber beziehen, die historischen Vorgänge, welche zu der heutigen Bevölkerungsverteilung in unserem Schutzgebiete führten, etwa folgendermassen vorstellen:

Vor einer Reihe von Jahrhunderten noch war der grösste Teil der Länder, wenn nicht das ganze Gebiet, das wir heute als das aussertropische Südafrika bezeichnen, insbesondere