Sechstes Kapitel.
Die Tierwelt von Südwestafrika.
Wir kommen nunmehr zu der Untersuchung desjenigen Teiles des südwestafrikanischen Naturlebens, der wohl einen Jeden im höchsten Grade fesseln wird. Giebt es doch kaum ein Gebiet unserer Erde, in welchem in so hohem Grade wie in diesen freien und vielfach offen sich erstreckenden Steppen das tierische Leben geradezu ein wesentlicher Bestandteil des landschaftlichen Bildes genannt werden konnte. Dass es heute anders geworden, ist leider nicht zu bestreiten; gleichwohl sollen die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass die Abnahme der wild umherstreifenden Lebewesen noch keineswegs so arg ist, wie man sich vielfach bei uns vorstellt.
Ich möchte dabei gleich im Anfange dieses Abschnittes auf den Umstand aufmerksam machen, der die Verschiedenheit so mancher von Reisenden stammender Berichte und damit auch zum teil jene Ansicht von einer Art Vernichtung des ehemaligen Wildstandes zur Genüge erklärt. Oft genug findet man in den Mitteilungen selbst scharf beobachtender Forscher die Bemerkung, dieses oder jenes Tier komme in unserem Schutzgebiet nur noch sehr selten und nur in ganz wenigen Gegenden vor, während spätere Berichte A 7 on anderen Forschern und von Ansiedlern gerade das Gegenteil besagen. Dieser scheinbar nicht zu lösende Widerspruch erklärt sich indessen sofort, wenn man sich die Art und Weise des Lebens der verschiedenen Berichterstatter vergegenwärtigt. Der das Land durchziehende Forscher mag sich jahrelang in demselben aufhalten, für ihn wird, um ein Beispiel anzuführen, die Untersuchung des Wildstandes schon darum mit der grössten Schwierigkeit verknüpft sein, weil man unterwegs nur rein zufällig mit manchem Wilde, z. B. mit den grossen Räubern aus dem Katzengeschlecht, zusammentrifft. Ganz anders derjenige Europäer, welchen sein Beruf grossenteils in einer bestimmten Gegend festhält und der das Vorhandensein der eben genannten Arten schon an der Vernichtung so manchen Stückes Vieh feststellen kann. So kommt es, dass u. a. der um unsere