Druckschrift 
Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
Entstehung
Seite
52
Einzelbild herunterladen
 

52

Rolf Eggers

6. Einige bemerkenswerte Funde und Beobachtungen auf dem Strödtacker in Speckenbiittel

Das Gebiet Strödtacker im Ortsteil Speckenbüttel ist eines der ältesten Siedlungs­gebiete im heutigen Stadtgebiet von Bremerhaven und vor allem durch die dort gelegene spätmittelalterliche Wüstung Gandersee 5 ) bekannt. Uberraschend war hier u. a. der Nachweis eines Muschelhaufens in einer Höhe von heute +9,0 m NN, der jedoch nicht zu datieren war. Er konnte noch in 3,04,0 m Länge erkannt werden, verlief in ostwestlicher Richtung und bestand aus Miesmuscheln, Austern und Cardium. Der volkstümlichen Überlieferung nach sollen auf dem Strödtacker in vorchristlicher Zeit Hexen und Elfen gehaust haben, und in frühchristlicher Zeit war das Gebiet mit einem Kirchenbann belegt.

Abgesehen von Siedlungsspuren der Zeit von 50 v. Chr. bis 100 n. Chr. fällt die Hauptbesiedlung dieses Gebietes wohl in das 2. und das 3. Jahrhundert. Aus dieser Siedlungsperiode sei ein Tongefäß erwähnt, dessen Zweckbestimmung noch ungeklärt ist (Abb. 7,1) und das sich mit Scherben eines gleichen Gefäßes in einer kleinen 0,50 m tiefen Grube fand. Es ist halbrund, dickwandig und besitzt seitlich, dicht über dem Boden, zwei Löcher. In der Wandung der Rundung, eben­falls dicht über dem Boden, befindet sich ein verzapfter dicker Griffwulst. Im Gefäßinnern waren keine Feststellungen über den Verwendungszweck zu gewin­nen, während äußerliche Schwärzungen wenigstens auf eine Verwendung im oder über Feuer hindeuten. Ob es sich vielleicht dabei um einen Schmelztiegel handeln könnte, bleibt offen.

Etwa 300 m südwestlich der Fundstelle des beschriebenen Gefäßes wurde bei Kanalbauarbeiten eine im Boden liegende Balkenlage angeschnitten und vom Amt für Straßen- und Brückenbau Bremerhaven gemeldet. Eine Untersuchung ergab, daß hier ein mit Holz verkleideter Schacht in den Boden getrieben worden war, der sich nach unten verjüngte und am Ende als Fortsatz eine Grube hatte (Abb. 5). Da der Schacht das heute in 25,0 m Tiefe stehende Grundwasser nicht erreichte, konnte der Zweck der Anlage zunächst nicht geklärt werden, zumal der Schacht überdies an einem Hang lag. Erstaunlich war weiter die Feststellung, daß in diesem Schacht aus östlicher und westlicher Richtung je ein parallel zum Hang verlaufender Graben mündete. Wahrscheinlich geben diese Gräben die Erklärung für den Zweck des Schachtes. Er scheint eine Zisterne gewesen zu sein, in die die Gräben das über den Hang abfließende Regenwasser einleiteten, wo es gesammelt und dann wie aus einem Brunnen entnommen werden konnte. Erklärbar ist damit auch die am Grunde des Schachtes befindliche Grube als Schmutzfänger. Bei großer oder längerer Trockenheit, wenn der Schacht trocken­fiel, wurde die Grube offenbar gereinigt, was erklären würde, daß nur wenige Funde am Grund der Grube gemacht wurden. Gefunden wurden hier lediglich zwei Tongefäßscherben und ein hölzerner Spatel (Abb. 7, 2-4), der möglicher­weise zum Reinigen der Grube gebraucht worden ist. Die in der Grube gefun­denen Gefäßscherben erlauben eine Datierung in das 3. Jahrhundert n. Chr.

5 ) Burchard Scheper, Mittelalterliche Wüstungen im Stadtgebiet Bremerhaven mit Blick auf die Unterweserregion. In: Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 50, 1969, S. 107128.