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Die deutschen Kolonien : ein Bilderbuch aller deutschen Kolonien ; mit 168 photographischen Aufnahmen / von Paul Rohrbach. Hrsg. mit Unterstützung der Deutschen Kolonialgesellschaft
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Wege sind befahren und abgesteckt, und man kann in der ganzen Diamanten­region verhältnismäßig bequem leben. Ursprünglich war das alles ganz anders und mancher Schürfer ist während der ersten Monate in der furchtbaren Dünen- wildnis, die sich nördlich und südlich von Lüderitzbucht ausdehnt, verirrt und ver­durstet umgekommen, ohne daß man selbst nur seine Überreste gefunden hat. Merkwürdigerweise finden sich die Lüderitzbuchter Diamanten nicht, wie die übrigen afrikanischen Steine in den Lagern der Kapkolonie und Transvaals, in dem ge­wöhnlichen Diamant-Muttergeftein eingeschlossen, dem sogenannten Blaugrund, sondern sie liegen lose in dem Sand und feinen Kies, dem sogenannten Gravel, in der Namib, und zwar nur an bestimmten Stellen. Die südlichsten Vorkommen sind etwa zweihundert Kilometer nördlich vom Oranjefluß entdeckt, die nördlich­sten ebensoweit südlich von Swakopmund, doch sind die Lager bei Lüderitzbucht selbst besonders ausgedehnt.

Die Betriebe zur Ausbeutung der Fundstellen, ursprünglich primitive Handan­lagen, jetzt überwiegend mit Maschinenkraft arbeitend, beruhen alle darauf, daß der feine diamanthaltige Kies zunächst durch Absieben von dem reinen Flugsand und den groben Gesteinsbrocken befreit und der zurückbleibende diamanthaltige Gravel mit Wasser vermischt und in Sieben geschüttelt wird. Dadurch laufen die schweren Bestandteile des Gemischs, wozu auch die Diamanten gehören, in der Mitte des Siebes zusammen, und dies sogenannte Konzentrat kann dann mit dem Auge und der Pinzette auf die darin enthaltenen Diamanten untersucht werden. Die gegenwärtige Produktion auf den südweftafrikanischen Feldern beläuft sich auf 1^/2 Millionen Karat jährlich im Werte von über sechzig Millionen Mark. Fünf Karat machen ungefähr ein Gramm aus; 1 ^2 Millionen Karat sind also Z0O0O0 Gramm oder ZOO Kilo. Da von den Lüderitzbuchter Steinen im Durch­schnitt vier bis fünf Stück auf ein Karat gehen, so werden im ganzen alljährlich etwa 7 Millionen Steinchen aus dem Sande der Namib geholt. Größere Steine über ein Karat sind selten, doch hat man auch schon einige im Gewicht von 20 bis ZO Karat gefunden. Durch die ziemlich hochbemessene Diamantensteuer und durch den eigenen Besitz des südweftafrikanischen Fiskus an Feldern beläuft sich die Einnahme, die der Verwaltung der Kolonie aus dem Reichtum zugute kommt, beinahe auf die Hälfte des Gesamtwertes der Jahresförderung.

Ost-Afrika

<7>eutsch-Ost-Afrika ist nicht nur unsere wichtigste, sondern auch unsere größte Kolonie. Es ist nahezu eine Million Quadratkilometer groß, also beinahe dop­pelt so groß wie das Mutterland, und wenn auch seine auf 810 Millionen Köpfe geschätzte Bevölkerung im Vergleich zu der viel größeren Bevölkerungs­dichte Deutschland nicht sehr zahlreich erscheint, so müssen wir hier nicht mit europäischem, sondern mit afrikanischem Maßstab rechnen. Innerhalb Afrikas steht auch der deutsche Anteil an Ost-Afrika nicht unter, sondern über dem Bevölke­rungsdurchschnitt, und schon diese Tatsache wird uns darauf schließen lassen, daß in der weitgedehnten unter unserer Herrschaft stehenden Ländermaffe zwischen den Gestaden des Indischen Ozeans und den Großen Seen sich zum mindesten einzelne wirtschaftlich in ausgesprochener Weise begünstigte Teile finden müssen. Wer allerdings Oftafrika zum ersten Male und ohne Vorbereitung betritt,

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