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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
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Bernd Ulrich Hucker

Die Stadtgründung von Riga im Jahre 1201

Das Wissen um den engen Zusammenhang zwischen der Wesermetropole Bremen und den deutschen Städtegründungen in Livland wäh­rend des 13. Jhs. war noch lange wach. Dewy- le de löfflike Stadt Bremen wahrhafftich eine moder ys veler lyfflendischen stede, bemerkte der livländische Chronist Balthasar Russow 1577 (BARTH, 6, Vlb). Und der bremische Chro­nist Johann Renner, der sich lange im Baltikum aufgehalten hatte, schrieb 1582 (KLINK, 197): Anno 1198 began bischop Bertoldus to Liflant mit hulpe der borger to Bremen, de Stadt Rige to buwen, dat wolden de Eesten weren, dar aver wort Bertoldus mit 1100 man erslagen.

Folgt man Renner und seiner Vorlage, der Liv- ländischen Reimchronik von etwa 1290, dann trug sich bereits der Zisterzienser Bertold, frü­herer Abt von Loccum, der zweite Missionsbi­schof von Livland, mit dem Gedanken einer Stadtgründung: Der bischof Bertolt der began / die RTge büwen als ein man. (MEYER, 13 V. 523 f.). Ob an dieser Nachricht etwas dran ist, wer­den wir wohl nie erfahren. 1198 jedenfalls, als eine Schlacht zwischen dem Kreuzfahrerheer Bertolds und den Liven geschlagen wurde, gab es nur die Örtlichkeit, den locus, und den mons Rige (Abb. 1) (ARBUSOW - BAUER, 9 Z. 18 u. 21). Renner mag etwas verwechselt oder sich auf eine unsichere mündliche Tradition gestützt haben. Außer ihm und seiner Vorlage kennt keine Quelle einen Stadtgründungsakt oder -versuch während des kurzen Episkopats Ber­tolds (1196 - f1198), der vermutlich der erz- stiftbremischen Ministerialenfamilie Schulte (HUCKER 1989), und damit einem bremisch- stadischen Familien-Clan von Livlanderoberern angehörte. Diese Sippe setzte sich überwie­gend aus landsässigen, z.T. aber auch aus stadtsässigen Dienstmannenfamilien zusam­men (HUCKER 1993), wie die Familie Alberts (Abb. 2). Er war der Nachfolger Bertolds und amtierte 1199-f1229. Seine Herkunft aus Bre­men und seine nahe Verwandtschaft mit der Vogtsfamilievon Bremen" ist bekannt (TRÜ- PER).

Die Schlüsselnachricht zur Gründung der spä­teren Metropole an der Düna enthält das Chro- nicon Livoniae des Lettenpriesters Heinrich, der wohl aus dem Magdeburgischen stammte. Seine Geschichtserzählung, die er 1224/27

1 Riga. Rekonstruktion der naturräumlichen Lage im 12. Jh.: zeitweise überschwemmte Wiesen (1), jetziges Relief (2), rekonstruiertes Relief (3), altes Ufer der Düna (4) , Siedlung (5), Flachgräberfeld (6)

niederschrieb, folgt deutlich den Tendenzen eu­ropäischerEroberungsliteratur", die seit An­fang des 13. Jhs. an den Rändern des expan­dierenden lateinischen Westens aufzublühen begann (BARTLETT, 182 f. u. 184 f.).

2 Siegel Bischof Alberts. Nachzeichnung von D. Detering

Heinrichs Nachricht besteht aus zwei Teilen (Kap. IV,5 und V,1), deren erster zum Jahre 1200 lautet:die Liven wiesen dem Bischof [Albert] den Platz für die Stadt aus" - Lyvones episco- po locum civitatis demonstrat - (CHRONICON LIVONIAE, 14 Z. 10-13). Dieser Satz ist, worauf Paul Johansen hingewiesen hat, so zu verste­hen, daß es sich umeine regelrechte Besitz-

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