Dieter Bischop
Baltischer Grabschmuck aus einer Privatsammlung im Bremischen
Aus Syke - südlich von Bremen - stammt eine kleine Sammlung von archäologischen Stücken, die ursprünglich aus dem Ostseeraum kommen sollen. Die insgesamt sechs Stücke sind auf ein mit grünem Samt bezogenes Brett aufgenäht, das mittels einer kleinen Kette aufgehängt werden kann (Abb. 1).
Lassen sich auch die genauen Fundumstände und der Ursprungsort dieser an die heutige Besitzerin G. Schwinge, Syke, vererbten kleinen Sammlung nicht mehr eruieren, so kann doch einiges über die Herkunft und Zusammengehörigkeit der Stücke ausgesagt werden. Die obere und untere Begrenzung des Ensembles bilden zwei Waffen, unter denen sich jedoch eine Fälschung befindet: das 24,7 cm lange, scheinbar bronzezeitliche Griffplatten-Kurz- schwert ist bei näherem Hinschauen als eine grünlich bemalte Zinnachbildung zu entlarven.
Ein Original, nämlich ein jungsteinzeitlicher Flintdolch, befindet sich zuunterst auf dem samtüberzogenen Brett. Von
dem lanzettförmigen Blatt ist die äußerste Spitze abgebrochen. Der Dolch ist noch 14,3 cm lang erhalten. Die grösste Klingenbreite beträgt 2,8 cm. Das flächig retuschierte Stück ist dem Typ Lomborg IIB zuzuordnen (LOMBORG 1973, 46f.) Der Griff ist nur schwach abgesetzt. Der Dolch ist von deutlicher Moorpatina umgeben. Das Gebiet seiner Herkunft ist aus sich heraus jedoch nicht einzugrenzen. Er mag jedoch, wie die weiteren Stücke, aus dem nordosteuropäischen Raum stammen.
Die interessanteste Gruppe bilden vier sehr gut erhaltene Schmuckstücke aus Bronze. Es handelt sich um einen Halsring und - in seinem Rund angebracht - drei Fibeln (Farbtaf. 4).
1 Der baltische Bronzeschmuck in der Mitte der samtüberzogenen Platte
Die vier Schmuckstücke dürften zusammen aus einem geschlossenen Fundkontext entstammen oder doch zumindest von einem Fundort, höchstwahrscheinlich einem einzigen Gräberfeld.
Der Bronzehalsring
Der sehr gut erhaltene, leicht ovale Halsring hat einen Durchmesser von 18,5 x 20,6 cm. Beim Guß wurde eine Tordierung nachgeahmt. Offensichtlich sollte ein gewundener Strick imitiert werden (Abb. 2). Der rückwärtige Teil, etwa ein Drittel, blieb glatt. Das eine Ende des Halsringes mündet in einer dreieckigen Schleife, deren verdicktes Ende in eine sattelförmige Öse eingeschoben werden konnte (Abb. 2). Der hakenförmige Verschluß mit dem Sattelende wurde vorn sichtbar getragen. Halsringe aus Bronze und seltener aus Silber waren anscheinend hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten. Hochgestellte Frauen trugen gleich mehrere Halsringe um den Hals, wie Grabfunde zeigen. In Grab 10 aus Zemgale lagen allein vier Halsringe. Eine mitgefundene arabische Münze aus der Zeit 903/904 hilft bei der Datierung (BOY, 24).
Halsringe sind im ostbaltischen Raum, besonders in Lettland, Litauen, aber auch in Schweden, der mittleren Dnjeprgegend und in Ostrußland nachgewiesen. Wir kennen sie aus dem 6. bis 12. Jh. bei Frauen und auch Männern, die jedoch meist nur einen einzigen trugen. Mehrere hundert Exemplare stammen aus Gräbern und Verwahrfunden. Unserem Exemplar steht neben einem Exemplar aus dem erwähnten Grabfund von Zemgale ein Halsring aus dem lettischen Letgale sehr nahe (JELGA- VA, Taf. 28,12).
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