Druckschrift 
Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
Entstehung
Seite
86
Einzelbild herunterladen
 

MITTELALTERLICHE TEXTILFUNDE

Von Margareta Nockert

Im Mittelalter wurden die Erzbischöfe wie die Päpste und die weltlichen Fürsten in vollem Ornat begraben. Dieser Sitte verdanken wir es, daß Material von un­schätzbarem Wert auf die Nachwelt gekommen ist. Andererseits muß man sich klarmachen, daß die in Gräbern verwahrten Textilien weitgehend zersetzt worden sind, und zwar gilt das vor allem von den Pflanzenfibern, die total zerstört wor­den sind. Aus diesem Zustand des Materials ergeben sich bei der Untersuchung von Textilien aus Gräberfunden große Schwierigkeiten. Um ein möglichst posi­tives Resultat zu erzielen und auch geringe Spuren sonst verschwundener Tex­tilien wahrzunehmen, muß daher die wissenschaftliche Untersuchung im Labo­ratorium ausgeführt werden und mit den Maßnahmen zur Konservierung des Materials Hand in Hand gehen. Diese Arbeiten gehören als Grundvoraussetzung zu den Forschungsaufgaben in ihrer Gesamtheit.

Die Methoden der Textilforschung hatte in Stockholm zunächst Agnes Geijer bei der Restaurierung mittelalterlicher kirchlicher Textilien ausgearbeitet und da­bei in lebhaftem Austausch mit anderen europäischen Werkstätten für die Restau­rierung von Textilien, u. a. mit Sigrid Müller-Christensen, gestanden. Das von ihr gegründete Atelier besteht nun im Rahmen des Zentralamtes für Denkmalpflege in Stockholm und hat schon mehrmals wichtige Aufträge aus dem Ausland erhal­ten.

In den fünfziger und sechziger Jahren hat man in Deutschland bedeutende Unter­suchungen auf dem Gebiet der Textilforschung vornehmen können, da man hoch­interessante Funde gemacht hatte, u. a. das Grab des Papstes Clemens in Bam­berg und die Gräber der Fürsten und Bischöfe in Speyer. Diese Funde hat Sigrid Müller-Christensen bearbeitet.

Die bei der gegenwärtigen Ausgrabung im Bremer Dom gefundenen textilreichen mittelalterlichen Erzbischofsgräber verleihen Bremen zentrale Bedeutung auf dem Gebiet der Textilforschung. Da es sich hier um ungewöhnlich frühe Funde handelt, sollte dies unschätzbare Material um jeden Preis bearbeitet und konserviert wer­den. Es dürfte der Textilforschung wichtige Aufschlüsse über die frühe europäi­sche Seidenherstellung geben und unsere Kenntnis von der Entwicklung der litur­gischen Gewänder erweitern.

Seit dem Herbst 1974 bearbeitet die Textilabteilung des schwedischen Zentral­amtes für Denkmalpflege in Stockholm die Textilfunde der Gräber des Bremer Domes. Insgesamt befinden sich jetzt (im Februar 1976) acht Gräber in Stockholm, von denen fünf vollständig sind, zwei sind in kleineren Teilen ausgegraben und mit losen Fragmenten in Plastikverpackung übersandt worden, und von einem Grab ist etwas mehr als die Hälfte ausgegraben und in einem Stück übersandt worden.