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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
Entstehung
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Karolingisch-ottonische Baugeschichte

in seiner Vita oder aus welchen Gründen auch immer 36 ), hieße eine der für die älteste Baugeschichte des Bremer Domes wichtigsten zeitgenössischen Quellen vergeben.

Wie kaum bei einem anderen Inhaber des Bremer Erzstuhles kann man gerade bei Ansgar, dessen Baufreudigkeit in Bremen und andernorts überliefert ist 37 ), eine Fülle von Gründen und Anstößen für Bautätigkeit am Dom erkennen. Ansgar ist der erste Erzbischof in Bremen 38 ), was nicht nur ihn, sondern auch seine Kathe­drale im Rang erhöhte. Durch ihn war Bremen zum bleibenden Zentrum der nor­dischen Mission geworden, nachdem Hamburg verloren war. Aber auch die über­lieferte Translozierung des hl. Willehad aus einem der beiden Willerich zuge­schriebenen Oratorien in den Dom 39 ) kann durchaus Baumaßnahmen angeregt haben.

Ist so wohl ein Ansgar-Dom Realität, kann geprüft werden, welche der sich archäologisch nachweisbaren Perioden diesem gleichzustellen ist. Dabei ist es keineswegs zwingend, sich für eine der beiden nur in Betracht kommenden Pe­rioden (IV und V) entscheiden zu müssen. Der Bau der Periode IV (Abb. 7) kann durchaus der frühen Ansgarzeit entstammen 40 ). Für den Ansgarbau von 860 aber möchte man entsprechend den obigen Erwägungen den gewiß repräsen­tativeren mehrschiffigen Bau der Periode V (Abb. 7) halten 41 ). Dafür spricht nicht zuletzt auch ein archäologischer Befund, nämlich der in das Langhaus vor­gezogene Chor der Periode V. Er deutet auf eine Vermehrung der Stiftsgeistlich­keit und die veränderten Verhältnisse gegenüber der Zeit der Amtsvorgänger Ansgars, Willerich und Leuderich, die noch Suffragane des Kölner Erzstuhles ge­wesen sind.

Wenn der Bau der Periode V als Ansgar-Dom von 860 richtig eingeschätzt worden ist, dann muß er der Bau sein, an den zwischen 888 und 909 die Michaelskapelle angebaut worden ist. Die Estriche im Langhaus, im nördlichen Altarhausannex und im östlichen, offenbar tonnengewölbten Teil der Michaelskapelle sind nach Farbe und Struktur vergleichbar und verdanken ihre Besonderheit offenbar der­selben Feuereinwirkung. Diese muß großflächig, wenn auch nicht besonders stark gewesen sein. Möglicherweise hängt sie ursächlich mit dem von Adam 42 ) so drama­tisch geschilderten Geschehen während der Ungarnheimsuchung der Stadt im Jahre 918 zusammen, wobei auch die Kirchen (!) in Brand gesteckt worden seien 43 ). Eine tiefgreifende Zerstörung, die umfängliche Baumaßnahmen oder gar einen Neubau nötig gemacht hätten, ist kaum anzunehmen, denn die Michaelskapelle hat danach noch über ein Jahrhundert bestanden. Sie wurde erst von Erzbischof Hermann (10321035) wegen Baufälligkeit abgerissen 44 ). Daraus läßt sich ablei­ten, daß Bau V nicht der Bau ist, der der Brandkatastrophe von 1041 zum Opfer gefallen ist 45 ).

Der 1041 abgebrannte Dom kann demnach nur der Bau der Periode VI sein. Wichtigstes Kriterium ist hier der klare stratigraphische Befund, der die Zer­störung des Lehmestrichs dieser Periode durch die romanischen Bankette zeigt, die nach dem Stand der Bauforschung dem Wirken Bezelins in den Jahren 1042 und 1043 zugeschrieben werden 48 ). Von Bedeutung ist hier auch der Nachweis von Wurzelgängen in allen Proben des fraglichen Estrichs. Diese deuten auf Pflanzen­bewuchs hin, der nur im Freien gedeihen konnte 47 ). Solche Bedingungen wa-