Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
716
Einzelbild herunterladen
 

716

Dr. L. Sander und Dr. Hennig.

Zunahme und weitere Verbreitung der Tsetsen trotz auffälliger Abnahme des Wildes. Also mußte eine andere Seite der Kultur das Maßgebende für das Zurück­gedrängtwerden der Tsetsen sein. Die Buren kenne ich seit langem als Wald- und Holzvernichter: die Tsetse aber braucht Schatten, gedeiht nicht auf sonnendurch- glühten baumlosen Steppen. Ferner: der Bur brennt noch mehr als der Eingeborene dasveldt, eben die Grassteppe, ab, und das Feuer greift auch auf den Unter­wuchs der parkartigen Steppenwäldchen über. Unter diesem Grase aber haben die Tsetsepuppen ihre AViege und werden so mit dem Feldbrennen vernichtet oder mindestens stark vermindert. In Ostafrika nun waren durch Gouverne­mentserlaß seit mehreren Jahren die Feldbrände verboten und tatsächlich sehr viel weniger zahlreich und ausgedehnt geworden. Alle Eingeborenen aber und Weiße führten ohne Ausnahme die Zunahme der Tsetsen (und anderen Ungeziefers) auf dieses Unterbleiben der Feldbrände zurück. Und das will mir berechtigt erscheinen trotz der gegenteiligen Ansicht Stuiilmann's.

Freilich, einen wirksamen Kampf werden wir erst aufnehmen können, wenn wir die Lebensweise der Tsetsen genau kennen.

Die einzelnen Trypanosen.

Nagana.

Die weiteste Ausdehnung über die Säugetiere hat von den in Betracht kom­menden Arten die afrikanische Form, die Nagana. Denn an ihr erkranken spontan Einhufer, AViederkäuer der verschiedensten Familien und Arten, Kamele (und wohl auch Elefanten) und Raubtiere und der künstlichen Infektion mit dieser Seuche hat bis jetzt kein daraufhin untersuchter Säuger widerstanden. Freilich ist der A T erlauf bei den einzelnen Ordnungen, Familien und Arten ein außerordentlich verschiedener: bald äußerst stürmisch und schwer, bald so leicht, daß kein äußeres Symptom auf das Bestehen der Krankheit hinweist. Leider gehören unsere Haustiere zu den sch werst ergriffenen Tieren.

Allen voran steht das Pf erd. Gerade bei ihm sind sogar foudroyant ver­laufende Fälle nicht allzuselten: dem Tier schwillt plötzlich die Bauchseite, wenn es ein Hengst oder ein AVallach ist, der Schlauch und der Hodensack, die Unterbrust, der Kehlgang, Maul und Augenhöhlen ödematös an, es warft sich zu Boden und wälzt sich anscheinend in höchster Atemnot mit kalten < ihren und Hufen herum, schlägt verzweifelt um sich und verendet in wenigen Stunden unter schnell zunehmendem Sopor und rascher Abnahme der Bewegungen, die mit erfolglosem Muskelzittern schließen. Die Sektion zeigt Stauungshyperämien, etwas vergrößerte, w T eiche Alilz, seröse Ergüsse in Herzbeutel und Körperhöhlen und überreichliche, wässerig seröse, bernsteingelbe Ergüsse in das Unterhautbinde- gew r ebe, namentlich der ödematös gewiesenen Stellen. Im Blute und in den serösen Ergüssen finden sich reichlich die sehr lebhaft beweglichen Parasiten in meist recht großen Formen; Poikilocytose und A 7 'ermehrung der eosinophilen Zellen (aber auch der mononukleären großen und kleinen Leukocyten) ist schon deutlich aus­gesprochen.

Bei mehr chronisch verlaufenden Fällen tritt der oben geschilderte intermittierende Charakter deutlich hervor; das Krankheitsbild wird von der zu­nehmenden Abmagerung und A T erblödung beherrscht; in scharfem Gegensatz zn der allgemeinen Abmagerung stehen die oft recht ausgedehnten Ödeme an Bauch und Unterbrust. Häufig sind Trübungen und Entzündungen der Hornhaut; Konjunktivitis und Rhinitis fehlen kaum je. Die Bewegungsstörungen treten zumeist als zu-