Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
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Frotozoenkrankheiten.

Amöbenruhr.

Von

Marineoberstabsarzt und Privatdozent Dr. R. Ruge, Kiel.

(Mit Tafel 1III.)

Geographische Verbreitung.

Die geographische Verbreitung der Amöbenruhr wurde aus den in Bd. II auf S. 222 Anm. 1 angegebenen Gründen bereits in Zusammenhang mit der geographischen Verbreitung der Bazillenruhr abgehandelt.

Ätiologie.

1. Geschichtliches.

Die Literatur über die Dysenterieamöben und ihnen nahestehende Schmarotzer des menschlichen Darmes ist erheblich umfangreicher als diejenige über die Dysen­teriebazillen. Wir finden hier dieselbe Allgemeinerscheinung wie in der Dysenterie­bazillenforschung. Die Autoren spalten sich in entsprechender Weise in verschiedene Lager. Die einen sprechen den Amöben jegliche Pathogenität ab, die anderen sind der Ansicht, daß die Amöben nur im Verein mit gewissen Bakterien Krankheits­prozesse im Dickdarm erzeugen können, eine dritte Gruppe ist geneigt, eine be­stimmte Amöbenart als pathogen anzusehen, während eine vierte diese Frage offen läßt. Die Verhältnisse liegen hier deshalb viel verwickelter als bei der Bazillen­dysenterie, weil es so schwierig ist, festzustellen, ob zwei verschiedene Autoren, die eine Amöbe als pathogen beschrieben haben, dieselbe Amöbe meinen oder nicht. Dazu kommt, daß wir diese Schmarotzer nicht in Reinkulturen züchten können und daher nicht imstande sind, ihre verschiedenen Entwicklungsphasen in ununterbrochener Reihenfolge zu übersehen. Aus diesem Grunde hat in jüngster Zeit Schaudinn ein anderes Verfahren, mit dem wir uns noch zu beschäftigen haben werden, ein­geschlagen und ist auf diese Weise zu bemerkenswerten Resultaten gekommen.

Der erste, der überhaupt Amöben im Stuhle gesehen hat, ist wohl Lambl (1860) gewesen, und der erste, der sie als Ursache einer chronischen, ruhrähnlichen, töd­lich verlaufenden Erkrankung ansprach, Lösch (1875). Er gab der Amöbe den Namen Amoeba coli und erwähnt bereits, daß sie einen oft nur schwer zu ent­deckenden Kern hat. Die in der nächsten Zeit erschienenen Arbeiten beschränken sich darauf, das Vorkommen von Amöben im Stuhl überhaupt festzustellen und die gefundenen Amöben für pathogen oder nicht pathogen zu erklären, ohne Artenunter­schiede zu machen. Die Versuche, als Ursache der Dysentei'ie eine ganz bestimmte Amöbenart hinzustellen, beginnen erst später (Councilman und Lafleur). Zu gleicher

Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 1