Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
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Dr. Hans Ziemann.

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die Rezeptoren neu gebildet werden, um die durch chemische Bindung ausgeschalteten 4! noh Seitenketten zu ersetzen. ä]I

Wie aber Weigert glaubt, tritt bei vielen Regenerationsvorgängen nicht bloß ein nio Ersatz, sondern eine Uberkompensation ein. Ein Verbrauch und Ersatz der Seiten- j -no ketten wäre auch schon theoretisch ein Postulat des normalen Zellenlebens. Zuletztfii IxJ? könnten die lebhaft und in abnorm reicher Weise produzierten Seitenketten am Proto-j|ii -oj< plasma keinen Platz mehr finden und würden von der Zelle abgestoßen, um in die Blut-£ 1 -hrl Zirkulation zu gelangen. Nach Ehrlich können auch bereits unter normalen Verhältnissen ims

gelegentlich Rezeptoren im Überschüsse gebildet werden, und würde dies das Vorhanden- -no

sein von Antikörpern im normalen Blute erklären. Indem nun die zirkulierenden Anti- -ih

toxine die Toxine schon in der Blutflüssigkeit binden, können die gefährdeten Zellelemente ein

geschützt werden; in den Organismus eines anderen Kranken gebracht, könnten dann dhj

die Antitoxine auch dort dieselbe schützende Wirkung ausiiben. Vgl. Diphtherie-Tetanus- -an

Antitoxin. Wenn jedoch die Verbindung des Toxins mit den vergifteten Zellen im Ver- -f9

laufe der Intoxikation eine immer festere geworden ist, wird es immer schwerer, den j. a9l vergifteten Zellen das gebundene Gift durch Antitoxin zu entreißen. Im allgemeinen wird j | frn man sagen können, daß gerade die giftempfindlichen Organe auch das Antitoxin binden j im

können. (Indeß halten wir daran fest, nicht, wo die Giftwirkung erfolgt, haben wir *iiv

die Antitoxinbildung anzunehmen, sondern da, wo die Giftbindung stattfindet.)

Die chemischen Untersuchungen des antitoxischen Serum zeigen gegenüber demf 'Bim normalen Serum keine Unterschiede. Höchstens erwies sich der Gesamteiweißgehalt im[ 'itai antitoxischen Serum etwas größer als im normalen und nahm mit steigendem Antitoxin-*' -ui gehalt die Gefrierpunkterniedrigung und die elektrische Leitungsfähigkeit ab. Vgl. Ab-. -d schnittAnämie. t

Es entspricht ferner der Erfahrung, daß, wenn ein Toxin auf den Körper einwirkt, erst eine gewisse Zeit vergeht, das sog. Inkubationsstadium, ehe die Toxinwirkung deutlich ( zutage tritt. Zur Erklärung nimmt Ehrlich an, daß jedes Toxinmolekül zwei verschiedene J chemische Gruppen enthält, die sog. haptophore und die toxophore. Die haptophore Gruppe bindet das Toxinmolekül an die tierische Zelle, vorausgesetzt, daß diese Zelle eine Gruppe (Rezeptor) besitzt, an die sich die haptophore Gruppe des Toxinmoleküls kuppeln ' kann. Erst die toxophore Gruppe kann dann die giftigen Eigenschaften des Toxins" produzieren. Die toxophore Gruppe entfaltet ihre Wirkung demnach langsamer und später : wie die haptophore. Wir wissen, daß auch bei manchen Arzneimitteln nicht der ganze ! Atomenkomplex sondern nur eine bestimmte Teilgruppe eine Wirkung ausübt, z. B. bei manchen Schlafmitteln nur die in ihnen enthaltene Athylgruppe, bei Anästheticis nur der Benzoesäurerest. Ein Beweis, daß die haptophore und toxophore Gruppe zu trennen, ist, daß beim Frosch die haptophore Gruppe des Tetanustoxin schon in der Kälte, die toxophore Gruppe aber erst dann auf die Zellen einwirkt, wenn der Frosch in eine Temperatur von 22° gebracht wird, und tritt dann nach einer Inkubationsdauer von 2 3 Tagen Tetanus ein. Beide Gruppen sind also in gewisser Beziehung selbständig.

Wir sehen die Wirkung der Toxine schon äußerlich, z. B. beim Botulismus in der Rarefizierung und dem Verschwinden der NissL ! schen Körperchen in den Rückenmarks­zellen, so daß die Zellen wie mit Staub besät aussehen. Ein Analogon haben wir ev. in der polychromatophilen Degeneration der roten Blutkörper bei Malaria.

Wie verhält sich nun der Organismus bez. Bildung von Anti­toxinen hei Malaria?

Augenscheinlich kommt es, wie die klinische Erfahrung zeigt, gar nicht zur Antitoxinbildung, wenigstens nicht bei Neuerkrankungen, während doch Toxinbildung gewiß anzunehmen ist. Sind etwa keine Rezeptoren da? Theoretisch könnte es, wo keine Rezeptoren für die Toxine da sind, auch nicht zu Antitoxinbildung im Sinne Ehrlich« kommen. In Wirklichkeit aber wimmelt es ja an und für sich von Rezeptoren für die Malariatoxine. Jedoch, es sind gerade die lebenswichtigen Organe, in erster Linie die roten Blutkörper und die hämopoetischen Organe, von denen die roten Blutkörper als Wirte der Malariaparasiten einem schnellen Tode