eingedrungen sind, zunächst nur Auflösung, und nur spärliche Ansätze neuer Denkmethoden. Indessen läßt sich der Vorgang auf natürliche Weise erklären und entschuldigen. Einmal ist die Zeit des Überganges bis jetzt noch kurz gewesen: die wenigen Jahre, selbst wenn man den Anfang vor die umwälzenden Ereignisse des 20. Jahrhunderts setzt, waren für wirkliche Neubildungen nicht genügend. Dann aber hat das Chinesentum, seitdem man ihm die geistigen Fesseln abzunehmen begonnen hat, bisher kaum die richtige Führung in der jungen Freiheit gehabt. Die eigene Negierung war selbst zu unsicher und zu wenig zielklar für diese Aufgabe, das Abendland aber, darüber hilft keine Beschönigung hinweg, hat seine Pflicht erst spät erkannt, zum Teil aus Gleichgültigkeit, zum Teil aus Unkenntnis und Verstündnislosigkeit. Allzu lange ist China für dao Abendland nichts anderes gewesen als ein aussichtsvolles Gebiet, in dem jede fremde Macht im Vertrauen auf ihre physische Überlegenheit ihre eigenen Bestrebungen verfolgte, ohne Rücksicht darauf, ob fic damit in die Lebensinteressen des einheimischen Volkes störend einqviff, oder dessen legitime Rechte mit Füßen trat. So waren auch die den Chinesen aufgezwungenen-Handels- verträge ursprünglich im wesentlichen nichts anderes als, wie Sir R. Hart im Jahre 1901 schrieb, „eine Festsetzung dessen, was China anderen Völkern zu gewähren hatte, während sie die anderen Völker in keiner Weise verpflichteten, irgendetwas dem chinesischen Volke zu gewähren". Und General Sharetts, der Regierungsvertreter der Vereinigten Staaten für die Handelsvertragsverhandlungen mit «Lli'na, äußerte in einem Vortrage zu Schanghai im Jahre 1902: „Die Geschichte der fremden Beziehungen zu China vom Jahre 1861, bis der Krieg mit Japan die politische Atmosphäre klärte, läßt sich sehr kurz in fol-
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