Steinerne Äxte und Beile als Quelle für die Geschichte der Jüngeren Steinzeit Nordwestdeutschlands
Von Karl Heinz Brandt
Die Erforschung der Jüngeren Steinzeit Nordwestdeutschlands ist noch recht mangelhaft. Dieses Urteil ist auch dann nicht einzuschränken, wenn man auf einen Vergleich mit gut durchforschten Landschaften, wie Schleswig-Holstein oder Mitteldeutschland, verzichtet. Eingehendere Untersuchungen liegen bisher nur über die Tiefstichtonware *) vor. Eine Bearbeitung der Megalithgräber und einiger ihrer Begleiterscheinungen stammt von Ernst Sprockhoff 2 ). Mit der Einzelgrabkultur hat sich Karl Wilhelm Struve aus schleswig-holsteinischer Sicht 3 ) befaßt und Edward Sangmeister 4 ) mit einigen ihrer keramischen Formen von Hessen aus. Die Gesamtbearbeitung eines geschlossenen Kulturkomplexes, wie er von "Werner Buttler 5 ) vor über 3 Jahrzehnten für die Linearbandkeramik versucht wurde, fehlt ü ). Abschreckend mag hier gewirkt haben, daß keine ausreichenden Grabungen in Siedlungen und nur bedingt auswertbare Gräberfunde vorliegen. Solange nicht mehr Grabhügeluntersuchungen wie Melzingen 7 ) oder Siedlungsgrabungen wie die laufenden Unternehmungen am Dümmer 8 ) durchgeführt werden können, wird eine Gesamtbearbeitung kaum ermunternd sein.
Das heißt aber keineswegs, daß man diesem fernen Zeitpunkt in tatenloser Resignation entgegensehen muß. In allen Museen und vorgeschichtlichen Privatsammlungen lagern noch Quellen, die schon allein durch ihre große Zahl eine Bearbeitung herausfordern. Es sind die zahlreichen steinernen Äxte und Beile, deren Auswertung als Geschichtsquelle außerhalb der skandinavischen Länder nur
*) Rudolf Dehnke, Die Tiefstichtonware der Jungsteinzeit in Osthannover (1940).
Heinz Knöll, Die nordwestdeutsche Tief Stichkeramik und ihre Stellung im nord- und mitteleuropäischen Neolithikum (1959).
2 ) Die nordische Megalithkultur (1938).
3 ) Die Einzelgrabkultur in Schleswig-Holstein und ihre kontinentalen Beziehungen (1955).
4 ) Die Glockenbecherkultur und die Becherkulturen (1951).
5 ) Die Bandkeramik in ihrem nordwestlichsten Verbreitungsgebiet (1931).
e ) Eine Göttinger Dissertation von 1940 (Kurt Stegen) über die Einzelgrabkultur ist niemals im
Druck erschienen und auch nicht in Bibliotheken vorhanden. ') Wolf Dietrich Asmus, Die Ausgrabung von steinzeitlichen Hügeln auf dem Gräberfeld von
Melzingen, Kreis Uelzen. Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 17, 1948, S. 3 ff. 8 ) Jürgen Deichmüller, Neue Untersuchungen am Dümmer, Kreis Grafschaft Diepholz, im Jahre
1961 in: Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen Bd. 1 (1963), S. 75 ff.; —
ders., Neue Ausgrabungen am Dümmer. Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 32, 1963,
S. 84 ff.