Tropische und subtropische Viehseuchen.
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erreichte dadurch angeblich, daß die Zahl der Todesfälle nach den Impfungen erheblich reduziert wurde.
In welcher Weise und warum die Galle Schutzkraft gegen die Rinderpest verleiht, ist eine noch ungelöste Frage. Die Annahme, als enthalte die Galle das Pestgift selbst in abgeschwächter Form und verleihe deren Einimpfung eine aktive Immunität, ist jetzt fallen gelassen worden. Vielmehr ist die Ansicht vorherrschend, daß die Gallenimpfung nach Koch eine reine passive Immunisierung darstellt, welche dadurch zustande kommt, daß in der Galle pestkranker Rinder neben aktivem Virus gleichzeitig Antikörper vorhanden sind, welche, subkutan einverleibt, sich mit den die Krankheitserscheinungen hervorrufenden Toxinen im Blute verbinden. Auf dieser Grundlage lassen sich auch viele Nebenerscheinungen erklären, wie die verschiedenartige Wirkung der Galle, die tödlichen Ausgänge bei mit einwandfreier Galle geimpften Tieren, die schwankende Immunitätsdauer. Alles dies würde von dem quantitativen Verhältnis zwischen Virus und Antikörpern in der zu entnehmenden Galle abhängen.
Eine weitere Unvollkommenheit dieser Impfmethode liegt darin, daß die Immunität nach der Gallenimpfung nur 30 bis 40 Tage andauert. Es wurde daher empfohlen, innerhalb 10 bis 30 Tagen nach der Impfung noch 10 ccm virulentes Rinderpestblut zu injizieren, und soll die Immunität dann auf 6 bis 8 Monate ausgedehnt werden. Wird aber das virulente Blut vor dem 10. Tage injiziert, so gehen häufig bis 50 °/ 0 der Tiere verloren, was damit zu erklären ist, daß innerhalb dieser Zeit noch kein völliger Schutz durch die Galle verliehen ist.
Wenn nun auch die Gallenimpfung noch viele Mängel hat, so bleibt sie doch eine nicht zu entbehrende Methode, wo es sich um Rettung von Tieren handelt. „In nicht infizierten Herden gibt sie gute Resultate und selbst in infizierten liefert sie das, was man billigerweise erwarten darf (Theiler).“
Das Fleisch pestkranker Rinder ist für den Menschen unschädlich; trotzdem aber darf es unter geordneten Verhältnissen aus veterinärpolizeilichen Gründen zum Genüsse nicht zugelassen werden. Vielmehr ist durch Gesetze in fast allen Kulturstaaten die unschädliche Beseitigung (Vergraben, Verbrennen) der wegen Rinderpest getöteten oder daran verendeter Tiere vorgeschrieben.
Literatur.
Bei der umfangreichen Literatur, die über Rinderpest vorhanden ist, würde ein annähernd vollständiges Verzeichnis mehrere Druckbogen füllen und beschränke ich mich deshalb nur auf die Angabe der wichtigsten Werke. Viele Arbeiten über die Rinderpest finden sich namentlich in folgenden Zeitschriften:
Deutsche mediz. Wochenschrift. Seit 1897.
Berliner tierärztliche Wochenschrift. Seit 1897.
Zeitschrift f. Hygiene u. Infektionskrankheiten. Bd. XXIX bis XXXV.
Annales de l’Institut Pasteur. Seit 1899.
Baumgarten’s Jahresbericht. Seit 1898.
Ellenberger-Schütz, Jahresberichte.
Eine Vollständigkeit des Literaturverzeichnisses würde ohnehin nicht zu erreichen sein. 1779 Abildgaard, Über die Viehseuche u. deren Einimpfung.
1797 Ackermann, Nähere Aufschlüsse über die Natur der Rindviehseuche. Frankfurt. 1904 Adami, Über die immunisirende Wirkung der Galle bei Rinderpest. La clinica veterinaria. Nr. 48.
1773 Bachuracht, Abhandlung von der herrschenden Hornviehseuche. Petersburg.
1814 Badische großherzogliche Sanitätscommission, Über Kennzeichen etc. der Rindviehseuche. Karlsruhe.
1906 Baldrey, Some observations on normal and rinderpest blood. Journ. of trop. vet. sciance. Nr. 1. Ref. Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. X.