772
Dr. L. Sander und I)r. Hennig.
bruch der Rinderpest veranlaßt haben. Jedenfalls hält sich der Ansteckungsstoff in Flüssigkeiten und in Verbindung mit festen Körperbestandteilen, vorausgesetzt, daß er des freien Luftzutritts entbehrt, sehr lange. Gut konservierter Nasenausfluß hält das Kontagium 2 Jahre ansteckungsfähig. In Stallungen hält es sich 4 Monate, im Heu 5 Monate.
Durch Kälte — bis zu —15° C — wird das Kontagium konserviert; es ließ sich durch Dünger, welcher im Winter gefroren war, im Frühjahr noch eine Ansteckung hervorrufen.
Durch freie Luftzufuhr, namentlich aber durch trockene Wärme, wird dagegen der Infektionsstoff rasch vernichtet; 55—60° C töten ihn in 10 Minuten, 100° C sofort, 40—50° C in 48 Stunden. Auch durch Fäulnis und durch verschiedene Des- infizientien, wie Chlor, Carbolsäure usw., scheint das Kontagium leicht zerstört zu werden.
Kraiikheitsersclieiimngen und Verlauf.
Nach einem Inkubationsstadium, dessen Dauer auf etwa 3—7 Tage angegeben wird, pflegt in der Regel ein Stadium prodromorum einzutreten, das sich jedoch nur auf höchstens 24 Stunden erstreckt.
Die Tiere haben glanzloses, gesträubtes Deckhaar, zeigen allgemeine Mattigkeit, verminderte Aufmerksamkeit; das Flotzmaul ist trocken. Der Appetit ist vermindert, ebenso läßt sich eine gewisse Unregelmäßigkeit beim Wiederkauen erkennen. Die Milchsekretion ist sehr vermindert. Zu diesen Erscheinungen tritt ein kurzer, heiserer, später matt und dumpf werdender Husten.
Nach diesen Vorboten macht sich das Fieber bemerkbar durch Eintreten von Schüttelfrost; die Temperatur steigt auf 40,5 bis 42° C, doch ist die Temperatursteigerungsehr verscliieden. Die sichtbaren Schleimhäute, namentlich die Conjunctiva und die Scheidenschleimhaut, sind streifig gerötet.
Die Augen tränen, der Blick ist stier und matt. Die Augenlider, sowie auch die Lippen, scheinen geschwollen; letztere lassen oft, unvollständig geschlossen, den Speichel aus dem Maule tropfen.
Die Schwäche der Tiere wird auffallender, der Gang wankend, schwerfällig. Der Kopf ist gesenkt.
Die Zahl der Pulse variiert sehr; mitunter ist sie normal, bisweilen auf 60 bis 120 Schläge gesteigert. Im übrigen ist der Puls klein und weich.
Die Futteraufnähme hat bedeutend nachgelassen, der Kotabsatz ist verzögert, es lassen sich mitunter auch Kolikerscheinungen beobachten.
In seltenen Fällen macht die Krankheit in diesem Stadium noch einen Stillstand, bleibt auf dieser niedrigen Stufe und geht dann in 8 bis 10 Tagen in Genesung über.
Äm 2. bis 3. Tage treten öfter stärkere Fieberschauer auf. Der Puls ist klein und frerpient, 80—100 Schläge in der Minute, dabei aber öfter unbeständig, so daß er plötzlich bis auf 50 Schläge in der Minute sinken kann. Auch hierbei bleibt er klein und weich und steigt dann schnell wieder zur früheren Frequenz.
Die Hautfunktion liegt völlig danieder; die Haut ist trocken und fühlt sich an den Extremitäten kalt an.
Die Erkrankung der Schleimhäute des Kopfes hat an Intensität zugenommen, es besteht ein anfangs seröser, später schleimiger Ausfluß aus den Augen und aus der Nase, sowüe starke Salivation. Auch die Sekretion der Vagina-Schleimhaut hat bedeutend zugenommen. Allmählich tritt Durchfall ein, die Exkremente werden schleimig, teerartig, ganz dünnflüssig und sehr übelriechend.