Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
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760
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Dr. L. Sander und Dr. Hennig.

Maul bei der pulmonalen Form weißer, fester Schaum. Bauch aufgetrieben. Lokales Odem im Unterhautbindegewebe und im Bindegewebe an der unteren Halspartie. Auch das intermuskuläre Bindegewebe ist üdematös durchtränkt. Diese Veränderungen sind namentlich bei der sogen.D i k k o p z i e k t e stark ausgeprägt. Die Gefäße der Haut und Unterbaut sind stark injiziert. In den Pleura- und Peritonalhöhlen fast immer strohgelbe, oder seltener blutige, Ergüsse. Die Gekröslymphdrüsen geschwollen, mit kleinen Blutungen auf der Schnittfläche. Die Schleimhaut des Magens ist stark verdickt. Pylorusteil höchst intensiv gerötet. Mitunter finden sich in der Schleimhaut unregelmäßig-sternförmige, grau­rote Defekte. Exsudat auf der Schleimhautoberfläche in keinem Falle vorhanden. Der Zwölffingerdarm zeigte in allen von mir zur Beobachtung gelangten Fällen diffuse oder punktförmige Rötung.

Nicht immer konstant ist eine punkt- oder streifenförmige Rötung in den einzelnen Abschnitten der übrigen Dünn- und Dick darmschleim haut; mit­unter Blutungen in letzteren, sowie auf den serösen Häuteu. Die pEYEiischen Plaques sind geschwollen. Die Milz nur wenig vergrößert, blaurot und von fast weicher Konsistenz, Leber ist mitunter ganz geringgradig geschwollen, sonst ist sie normal. Nieren zeigen punktförmige Hämorrhagien, Marksubstanz gelbrot, die Rindensubstanz dunkelrot, mit feinen streifigen Blutungen.

Lungen stark aufgebläht, Lobuli vergrößert, Luftwege mit Schaum gefüllt. In den meisten Fällen hochgradiges L u n g e n ö d e m.

Im Herzbeutel ca. 50 ccm klare, gelbliche Flüssigkeit. Der Herzmuskel ist brüchig, schlaff, grau. Das Blut ist geronnen.

Am prägnantesten treten also beim Kadaver in Erscheinung die hämor­rhagische Gastritis und Duodenitis; desgleichen die starke ödematöse Durchtränkung des lockeren Bindegewebes, namentlich bei der Dikkopform, sowie vornehmlich das charakteristische Lungenödem. Es dürfte bei Feststellung dieses Befundes die Diagnose vollständig gesichert sein.

Ätiologie.

Trotz der eingehendsten Forschungen ist über den Erreger der Pferdesterbe nichts bekannt. Er ist wahrscheinlich zu klein, als daß er durch das menschliche Auge mit Hilfe der wirksamsten optischen Mittel wahrgenommen werden könnte, denn auch die sorgfältigste mikroskopische Untersuchung der Organe und des Blutes hat stets zu einem negativen Resultat geführt. Es ist zwar von verschiedenen Forschern zu verschiedenen Zeiten die Behauptung aufgestellt worden, den Erreger entdeckt zu haben.

So wurde unter anderem die Pferdesterbe für identisch mit Milzbrand ge­halten (Lambert,Sander); andere Autoren (Nuxn, Rickmann,Edington, Carrington- Purvis, Kuhn und Lübbert) beschrieben wiederumPlasmodien insbesondere Babesien als ihre Ursache. Laveran erklärt die afrikanische Pferdesterbe ätiologisch für vollständig unabhängig von Babesict equi. J. M. Fadyean fand bei seinen exakten Versuchen überAfrican horse sickness, daß das im Blutserum und in den pathologischen Exsudaten sicher enthaltene Virus imstande ist, sowohl den Berkefeld- als auch den Chamberlandfilter ungeschwächt zu passieren, denn es gelang nicht, das Virus selbst aus einer sehr eiweißreichen Mischung von Blut, Perikardial- und Pleural-Exsudat abzuscheiden. Kuhn hält die Sterbe für eine Art Malaria.

Die Art der Infektion ist noch zweifelhaft, nach Kuhn sollen Stechmücken die Überträger sein.