Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
724
Einzelbild herunterladen
 

724

Dr. L. Sander und Dr. Henhig.

Schleppung von Surrah durch erkrankte Tiere aus Indien gemacht worden sind, wird man für alle Tropengegenden (ob auch tür solche mit kühlerem Klima ist bis jetzt noch fraglich), die bisher frei von dieser Seuche waren, auf strengsten Ausschluß solcher Ein­schleppung oder schnellste Unschädlichmachung der ersten Fälle das Auge richten müssen.

Ob menschliche Trypanosen in Indien Vorkommen, ist noch festzustellen. Die Be­funde von Donovan und Leishman (vgl. Ross und Lavf.ran) fordern aber zu Unter­suchungen in dieser Richtung auf. (Vgl. Leishman, Kala Azar, Bd. III.)

Mal de Caderas.

Diese Seuche (etwa Hüftlähme) ist eine S ü d a m e r i k a östlich der-' Anden in seinen tropischen und subtropischen Gegenden eigene Trypanose der Equiden. Bei Tieren anderer Klassen als bei Einhufern ist sie als genuine Krankheit bisher noch nicht beobachtet worden, was von vornherein recht wunderbar erscheint, wenn man bedenkt, daß Einhufer in Südamerika ursprünglich gar nicht heimisch sind. Es ist also wohl anzunehmen, daß sie in einer sehr gutartigen Form bei irgend einem bis jetzt noch nicht beachteten südamerikanischen Tiere sich finden wird. 1 ) Diese Feststellung ist um so nötiger, als wir auch über die Art der natürlichen Übertragung noch im Ungewissen sind.

Die Krankheit tritt ebenso wie die Nagana und Surrah keineswegs in allen Ört­lichkeiten ihres Verbreitungsgebietes auf, sondern inGürteln undZonen, oft von sehr beschränkter Ausdehnung. Besonders soll sie in Nachbarschaft von Sümpfen sich zeigen und besonders häutig nach starken Regengüssen mit Tümpelbildung. Kemmerich will auf seiner Estaneia in Argentinien die Seuche dadurch zum Verschwinden gebracht haben, daß er alle Sümpfe in offene Teiche umwandelte.Er behauptet mit absoluter Bestimmtheit die Krankheit dadurch bekämpfen zu können, daß er für dauernden freien Wellenschlag sorgte. Bewegtes Wasser hält er für absulut unschädlich (Voges).

Das wiese darauf hin, daß außer den Stechfliegen (Stomoxys calcitrans Mosca brava und Bremsen, Tabanus spec.), die von Voges, Zecken (Garäpatos, Rhipicephahis- arten), die von LigniEres und Elmassian beschuldigt werden, auch ganz andere In­sekten in Betracht gezogen werden müßten. Denn weder Fliegen noch Zecken legen ihre Eier in das Sumpfwasser ab.

Das Hauptvorkommen der Seuche fällt in die Regenzeit.

AVährend zuerst von Lacerda und Lecler u. a. ein Bakterium als Erreger ange­nommen wurde, ist von Voges, LigniEres und weiterhin eingehend von Elmassian und Migone nachgewiesen worden, daß es sich um ein Trypanosoma, Tryp. etpdnum (Voges) handelt. Von den anderen Säugetiertrypanosomen unterscheidet es sich vornehmlich da­durch, daß der Blepharoplast (Centrosom) bei Doppelfärbung die Farbe weniger stark annimmt als der Kern; ferner sollen die großen Teilungsformen mit 34 Individuen etwas häufiger als bei den anderen im Blute zu finden sein. Auch scheint es am ver­gänglichsten und wenigsten widerstandsfähig von allen zu sein, da es schon wenige Stunden nach dem Tode des kranken Tieres nicht mehr gelingt, es im Blute und den Organsäften nachzuweisen. (Vgl. Lühe S. 132.)

Der Verlauf dieser Trypanose ist meist ausgesprochen chronisch und zieht sich über 4 5 Monate, selbst mehr, hin. Doch kommen auch schneller verlaufende in weniger als 34 Wochen zum Tode führende Fälle vor. Bei Eseln und Maultieren ist der Ver­lauf fast immer schleppend.

ln den chronischen Fällen ist auch hier die enorme, trotzdem die Futteraufnahme meist bis kurz vor dem Tode ungestört ist, stetig fortschreitende Abmagerung eins der hervorstechendsten Anzeichen. Daneben aber ist im weiteren Verlauf sehr deutlich aus­gesprochen die zuweilen bis zur vollen Paraplegie mit Lähmung der Blase und des Mast­darms sich steigernde Bewegungsstörung der Hinterhand mit ihrer schweren Beeinträchti-

J ) Die erste Nachricht über diese Seuche stammt (nach Voges) von Luiz Calendrini aus dem Jahre 1842. Es sollen bei einigen Ausbrüchen dieser Seuche viele tote Capybara (Wasserschwein) gefunden worden sein.