Tropische und subtropische Viehseuchen.
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Küstentrypanose von Kamerun, Tryp. vivax Ziemann.
Empfänglich sind Rinder, Sc hafeundZiegen. Beobachtet ist die Seuche bisher nur in den Küstengegenden, der Überträger ist noch unbekannt. Die Seuche tritt am stärksten in der Regenzeit, Ende Juli, August und Anfang September auf, während in den Monaten April, Mai, Juni, Anfang Juli frische Fälle sehr selten sind oder ganz fehlen. Die Morbidität und Mortalität unter den nach den Küstengebieten kommenden empfänglichen Tieren ist eine sehr hohe.
Der Verlauf ist bei Rindern sowohl als Schafen und Ziegen häufig ein perakuter, in 1—2 Tagen nach Ausbruch zum Tode führender, kann aber auch sehr chronisch werden und sich über Monate, selbst über Jahresfrist hinziehen. In letzteren Fällen verschwinden die Parasiten schließlich aus dem Blut, und bei Ziegen und Schafen kann dann Heilung eintreten. Chronische Fälle können aber — wie bei Nagana — durch Hinzukommen äußerer Schädlichkeiten, wie Durchnässung, Darmkatarrh, plötzlich akuten Charakter annehmen. Solche Rezidive können sich mehrfach wiederholen, trotzdem aber noch in Heilung übergehen; andererseits kann auch noch ganz plötzlich der Tod bei äußerlich wieder gesund erscheinenden Tieren eintreten (häufig in der Nacht!). Auch hier steht die Menge der in Blut und Organen zu findenden Parasiten vielfach in Widerspruch zu der Schwere des Falles, und zwar nach beiden Richtungen hin, doch nur bei Kleinvieh. Bei Rindern scheinen Heilungen außerordentlich selten zu sein: Ziemann hat noch keine sichere beobachtet. Die Erkrankung setzt stets mit Fieber ein, bei chronischen Fällen treten aber tagelange Remissionen auf. Das Neuauftreten von Fieber fällt mit einem Neuauftreten des Parasiten zusammen.
Bei den ganz akuten Fällen treten bei Schafen und Ziegen häufig, bei Rindern nur selten tonisch-klonische Zuckungen auf; meist sind die akuten Fälle sehr schnell von völliger Freßunlust gefolgt, dagegen fehlen erhebliche Störungen des Darms. In chronischen Fällen kann die Freßlust ungestört sein. Bei den Rindern und bei künstlich infizierten Eseln war das Fell rauh, ein den Haussahirten wohlbekanntes, also wohl ständiges Symptom.
Bei Rindern sind die übrigen Erscheinungen der akuten Fälle: Eindruck des Schwerkrankseins, trübe glasige Augen, leichte Konjunktivitis, häufig Ausfluß glasigen Schleims aus dem Maule. Puls und Atmung beschleunigt; oft terminale Temperaturerniedrigung. Ödeme und Petechien der Haut fehlen, auch in chronischen Fällen.
In allen Fällen ist mehr oder weniger Anämie zu bemerken, in den chronischen ganz kolossale. Der Hämoglobingehalt sank in Ziemann’s Fällen schneller als die Zahl der roten Blutzellen; oft sah das Blut direkt wie hellrotes Wasser aus. Die Zahl der roten Blutkörper konnte sinken bis auf 2130000, Hg. bis auf 22% (Fleischl). Basophile Körnung wurde mehrfach gesehen.
Die Infektion hindert oft nicht an der Austragung lebender Jungen, ja Verwerfen ist selten; in den Fötus scheinen die Parasiten nicht überzugehen und auch im Fruchtwasser konnte Ziemann keine finden. Die Nachkommen sind nicht immun.
Die Inkubationszeit scheint für natürliche Infektion und subkutane Impfung gleichmäßig 5—8 Tage zu betragen.
Der Leichenbefund bei akuten Fällen ergab eine Milz- oder Leberschwellung. In den Ausstrichen der inneren Organe, auch der Milz, fanden sich auffallend wenig Parasiten, mehr im Knochenmark. Seröse Ergüsse finden sich meist nur im Perikard; dagegen an den Nierenkelchen sulzige gelbliche Massen, ebenso auf dem Perikard. Zuweilen, besonders bei Schafen, ziemlich festhaftende, flockige, streifige, fibrinöse Auflagerungen auf Leber und Perikard, Därme meist anämisch.
Der künstlichen Infektion sind mit Erfolg unterzogen worden: graue Ratten, Tod nach 8—11 Tagen; deutscher Hund(?); einheimische Schweine: nur leichte Erkrankung; Esel: chronischer Verlauf, Tod nach 52—290 Tagen (aber gleichzeitig Erkrankung an Babesiose). Ohne Erfolg: Katzen, Hausgeflügel, eine weiße Ratte.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III.
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