Tropische und subtropische Viehseuchen.
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Muskelbündeln, die die Vorderwand des Pharynx von seiner Hinterwand abziehen und so eine weite, Saugwirkung entfaltende Höhlung hersteilen können. Vom Pharynx schräg nach oben hinten führt das verhältnismäßig starkwandige Rohr des Ösophagus durch das Hinterhaupts-Brustloch in den Brustraum. Hier führt im rechten Winkel nach oben ein kurzes Rohrstück in den mit mächtigem Ringmuskel versehenen bohnenförmigen Vormagen (Proventriculus), der wie bei der Mücke invaginiert ist. Nach hinten setzt sieh der Ösophagus als ein sehr viel feinwandigeres Rohr fort, das geradlinig verlaufend in den im Hinterleib gelegenen, diesen zur Hälfte ausfüllenden feinwandigen herzförmigen Kropf (Ingluvies) übergeht.
Der Vormagen liegt oberhalb des Kropfösophagus ziemlich dicht unter der Fläche des Rückenschilds und geht nach hinten in den anscheinend mit Krypten*) versehenen Ohilusmagen über. Dieser hat einen Brust- und einen Hinterleibsteil, erweitert sich allmählich von vorn nach hinten und findet seine unmittelbare Fortsetzung in dem weiten, mit zwei und einer halben Windung etwas rechts von der Mittellinie gelegenen, wie eine horizontal liegende flache Schnecke aufgerollten Mitteldarm. Sein Endteil steigt in der Mittellinie abwärts und geht in den dreiteiligen Enddarm über. Zwischen dessen drei Teilen, sowie zwischen Mittel- und Enddarm finden sich starke, klappenartig wirkende Ringmuskeln. Der ganze Inhalt des Hinterleibes ist von den Drüsengängen der zweiteiligen beiden Malpighischen Schläuche und dem Tracheensystem umsponnen. Die Ausführungsgänge der Malpighischen Schläuche münden in die letzte Schlinge des Mitteldarms, da wo er sich zu verengen beginnt.
Unmittelbar unter der Rückenlinie, über dem ganzen übrigen Leibesinhalt, liegt im Bauch- und Brustteil das röhrenförmige, vorn und hinten in die Leibeshöhle übergehende Herz (wie bei der Mücke).
Hoden, bzw. Eierstöcke liegen rechts und links am Boden des Hinterleibes neben dem Enddarm unter dem Mitteldarm und sind von mennigroter Farbe.
Die Präparation geschieht nach dem Feststecken der Fliege in einer mit Wachs ausgegossenen Glasschale durch einen Horizontalschnitt, der vom After ausgehend etwa in der Höhe der Grenze zwischen Rücken- und Bauchringen bis zum Mesophragma geht, von hier aus oberhalb der Flügel weiter bis zum Kopf geführt wird. Schwierigkeiten macht die sehr enge Öffnung des stark chitinisierten Mesophragmas und selbstverständlich ist Vorsicht erforderlich. Schlägt man dann den so abgetrennten Rückenteil zurück, so erblickt man den Darm im Hinterleibe ohne weiteres; im Brustteil muß man erst, um zu einem klaren Anblick zu gelangen, die mächtigen gelbweißen Flügel- und zum Teil Beinmuskeln entfernen. Dann liegt der Chylusmagen oben in der Mittellinie, unter ihm der Kropfösophagus. Bei der Trennung des Mesophragmas werden beide leicht verletzt, wenn man sich nicht mit dem Schnitt sorgfältig an die Außenwand hält. Die Untersuchung in situ geschieht im Wasser mit schwacher Lupe. Die weiteren Untersuchungen geschehen nach den gewöhnlichen Methoden für histologische Untersuchungen, bzw. denen für bakteriologische Untersuchung des Mückendarms.
Der Saugakt.
Beim Saugen sticht nach Stühlsiann * 2 ) die Tsetse ein, bis sie eine passende Stelle z. B. eine Kapillare gefunden hat und pumpt dann das Blut in den Ösophagus. Dabei wird der Speichel, anscheinend in reichlicher Menge in die Wunde entleert und mischt sich dort mit dem Blut. Die auch im Kropf der Tsetse stets vorhandene Luft dagegen wird nach ihm nicht mit entleert (wie es Schaudinn von der Mücke beschreibt), wie sie auch nicht aus Kohlensäure, sondern wahrscheinlich aus (atmosphärischer?) Luft besteht. Die in die Wunde entleerten Sekrete schienen ein „besonderes Gift“ nicht zu enthalten, da beim Meerschweinchen auch nach vielfachen wiederholten Stichen keine Entzündung
J ) Stuhomann hat an frischen Tsetsen keine Krypten finden können; meine Untersuchungen sind an altem Spiritusmaterial angestellt.
2 ) Vorläufige Mitteilung über die Anatomie und Physiologie der Tsetsefliege. „Pflanzer“, Nr. 24 1905 (Tanga).