Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
640
Einzelbild herunterladen
 

640

Dr. C. Mense.

Die normale Zusammensetzung des Drins beweist, daß der Stoffwechsel bis an das Lebensende ungestört bleiben kann.

Die Blase funktioniert in vielen Fällen bis zum Eintritt allgemeiner Apathie normal. Verf. sah bei einem jugendlichen Neger Inkontinenz schon mit den ersten nervösen Störungen auftreten. Die Potenz ptlegt beim männlichen Geschleckte schon früh zu erlöschen, ebenso beim weiblichen Amenorrhoe aufzutreten. Früh erkrankte Kinder behalten bei jahrelanger Dauer der Krankheit infantiles Aussehen und bleiben gesclilechtlich manchmal völlig unentwickelt. -

Verdauungskanal. Die Nahrungsaufnahme ist Monate und Jahre hin­durch trotz sonstiger schwerer Allgemeinerscheinungen ungehindert und regelmäßig, und die digestive Tätigkeit bleibt bis zum Endstadium normal, so daß der Körper trotz schwerer Allgemeinerscheinungen nur langsam entkräftet wird. Aus den > Dörfern der Eingeborenen in europäische Pflege kommende Kranke zeigen der un­gewohnt g ' Kost gegenüber sogar oft eine lebhafte Eßlust. Selbst

bei ausgesprochener Somnolenz weckt anfangs das Nahrungsbedürfnis den Kranken noch aus seinem Schlummer und erst bei tiefer Schlafsucht läßt der Kranke die Speisen vor seinem Lager stehen oder nimmt sie nur auf Anruf zu sich. ,\

Verstopfung ist eine häufigere Erscheinung als Durchfälle.

Meistens besteht eine leichte, durch übelriechenden Atem erkennbare Stoma- > titis, welche sich nach und nach steigert, so daß im vorgeschritteneren Stadium oft S Ulzerationen der "Wangenschleimhaut durch den Druck der Zähne, also eine Art ! Dekubitus entstehen. Die Zunge trägt schon frühzeitig einen dicken schmierigen j Belag. Starker Speichelfluß wird selten vermißt. !

Den von Greig und Gray in sechs Fällen nachgewiesenen Ulzerationen im I Magen entspricht kein klinisches Symptom. Erbrechen ist eine seltene Erscheinung, j In einem von "Willems mitgeteilten Falle wurde es häufig beobachtet, der Obduk- tionsbericht erwähnt jedoch nichts von Veränderungen der Magenschleimhaut. Die ; portugiesische Kommission fand es nur bei 15 von 70 Kranken und hält es | für eine meningitische Erscheinung. Verfasser sah es nie.

Ätiologie. [

Da vor dem Jahre 1902 nur das letzte Stadium der Krankheit bekannt war,j und nur solche Fälle mit Sicherheit diagnostiziert werden konnten, welche das auf-

fallende Symptom der Schlafsucht zeigten, so beschäftigte sich die ätiologische

Forschung bis dahin nur mit der eigentlichen Schlafkrankheit.

Dem Standpunkte ihrer Zeit entsprechend suchten die Beobachter in den beiden ersten Dritteln des vorigen Jahrhunderts die Ursache der Krankheit zunächst in einer Intoxikation, einem Miasma oder dgl. ;

Das übermäßige Hauchen von indischem Hanf (Bhadshaw, Clark u. a.) der Genuß von verdorbenem Palmwein, von Kolanüssen (Gu£rin), von schlechtem Heis, Mais, von den aus der blausäurehaltigen Maniokwurzel bereiteten und in Westafrika weitverbreiteten Speisen Kassada, Chicoanga usw., sowie von ungenügender oder schlechter Nahrung über­haupt wurde für die Entstehung der Krankheit verantwortlich gemacht. jjjj

Auch das heiße Klima, ungünstige hygienische Verhältnisse, schlechte Luft, die tropische Hitze, Sonnenstich und Hitzschlag, Exzesse in Baccho et Venere sollten das Leiden hervorrufen können.

Da in Amerika die aus Afrika eingeführten Negersklaven schwer von der Schlaf­krankheit heimgesucht wurden, so hat man sie noch als eine schwere Melancholie, eine Art Heimweh, gedeutet.