Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
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W. B. Leishman.

wir keinerlei positive Kenntnisse, da der Parasit bis jetzt in keinem der Se- und Exkrete gefunden werden konnte. Nur seine Verteilung in den Geweben gibt einen Fingerzeig über die Kanäle, auf denen er in die Außenwelt gelangen könnte.

So macht der Nachweis der Mikroorganismen in den Geweben in der Umgebung der Darmgeschwüre es fast sicher, daß sie mit den Fäces entleert werden können. Ferner läßt ihr Auftreten in den Nieren, wenn auch nur in den Kapillaren und in geringer Zahl, darauf schließen, daß sie zuzeiten in den Urin übergehen können. In ähnlicher Weise macht ihr gelegentliches Vorkommen in den Lungen eine sorgfältige Untersuchung des Auswurfs notwendig, zumal im späteren Stadium der Krankheit Komplikationen von seiten der Lungen nichts Seltenes sind.

Da endlich die Parasiten in gewissen Hautpapeln und -Geschwüren, wenn auch selten, gefunden worden sind, so ist auch die Möglichkeit einer Elimination von der Haut aus nicht von der Hand zu weisen, wobei Wasser oder Erdboden verunreinigt oder blut­saugende Insekten infiziert werden könnten.

Rassen-Immunität. Solange man nur die epidemische Form der Kala Äzar kannte, galten Weiße als so gut wie immun, obschon einzelne Fälle einer Er­krankung von Europäern berichtet wurden. Seitdem aber die Identität der epide­mischen und endemischen Form erkannt worden ist, steht es fest, daß Weiße keines­wegs vor einer Infektion sicher sind. Verfasser hat guten Grund zu der Annahme, daß die Krankheit unter den britischen Soldaten in Indien keineswegs selten ist und daß zahlreiche bisher auf Malariakachexie, chronische Dysenterie usw. zurückge­führte Todesfälle auf ihr Konto zu setzen sind.

Einfluß von Alter und Geschlecht. Sowohl die endemische wie die epidemische Form befällt von ein Jahr alten Kindern bis zu alten Leuten alle Alters­stufen und beide Geschlechter, vorzugsweise jedoch jugendliche Erwachsene. Es- ist vielfach beobachtet worden, daß zahlreiche Mitglieder derselben Familie, Eltern und Kinder, in gleicher AVeise erkrankten.

Einfluß von Jahreszeit und Klima. Da der Verlauf der Krankheit ein so langwieriger und die Länge der Inkubationsperiode gänzlich unbekanntest, so ist es schwierig, etwas über den Einfluß von Jahreszeit, Klima, Feuchtigkeit usw. auf die Verbreitung der Krankheit zu sagen.

Es scheint, daß in Assam die Neuerkrankungen vorwiegend während der von April bis Juni dauernden Regenzeit auftreten und die Todesfälle sich am Ende der Regenzeit oder zu Beginn der Regenperiode häufen, wenn die Kranken, welche glücklich durch die kältere Jahreszeit gekommen sind, Rückfälle bekommen, denen sie erliegen (Rogers).

Ferner können schlechte hygienische Verhältnisse, Armut, Überfüllung der Wohnungen u. dgl. das Auftreten der Seuche begünstigen und den Verlauf ungünstig­gestalten. Opiumesser sollen weniger von der Krankheit befallen werden als andere Menschen. Langer Aufenthalt in verseuchten Gegenden scheint keine Immunität zu verleihen. Die ältesten Einwohner erkranken oft beim Ausbruche einer Epidemie- in einem Dorfe zuerst, ein bemerkenswerter Gegensatz zum Auftreten der Malaria.

Übertragung der Krankheit. Solange die epidemische Form von Kala Äzar bekannt ist, herrscht bei den Ärzten sowohl wie bei den Eingeborenen die An­sicht, daß die Krankheit ansteckend sei. Es ist sicher, daß Menschen die Ver­schleppung von Ort zu Oit vermitteln, und daß die Seuche sich selten mit einem Opfer in einer Familie begnügt. Die sorgfältigen Untersuchungen von Rogers. und anderen lassen über diesen Punkt keinen Zweifel. Daß aber die Krankheit kontagiös oder infektiös ist, im Sinne einer direkten Übertragung von einem Indi­viduum zum anderen, ist unwahrscheinlich. Klarheit über diese Fragen kann erst, durch Erweiterung unserer Kenntnisse über die Entwicklung des neuen Parasiten