592
W. B. Leishman.
Das Südufer des Flusses wurde am schwersten heimgesucht, aber häufig auch Ortschaften und Gegenden am Nordufer ergriffen, welche in lebhaftem Verkehr mit ersterem standen. Die Epidemie machte nur langsame Fortschritte, sie gebrauchte z. B. sieben Jahre, um vom Garo Hills District bis nach dem 100 Meilen entfernten Gauhati vorzudringen. Nach und nach rückte die Krankheit bis in den Nowgong District vor und von dort nach Tezpur und Mangaldai. Nachdem sie in den einzelnen Bezirken einige Jahre geherrscht hatte, verlor die Seuche dort ihren epidemischen Charakter und erlosch bis auf einzelne endemisch immer noch vorkommende Fälle.
Die hohe Mortalität der Epidemie erweckte bald das öffentliche Interesse und veranlaßte die Entsendung von drei verschiedenen Kommissionen zu ihrer Erforschung und Bekämpfung. Die über ihr Wesen zutage tretenden bedeutenden Meinungsverschiedenheiten lenkten die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf die Krankheit und werden bei Besprechung der Ätiologie erörtert werden.
Durch die Entdeckung des Parasiten, welcher konstant mit der Krankheit verbunden zu sein scheint, ist die wissenschaftliche Welt zum Studium der Käla- Äzar aufs Neue angespornt worden und zu gleicher Zeit hat der Nachweis desselben Mikroorganismus bei Erkrankungen mit ähnlichen klinischen Symptomen in anderen Teilen Indiens und der übrigen Tropenwelt seine Bedeutung bedeutend gesteigert. Es waren dieses Fälle, welche den Forschern auf dem Gebiete der Tropenkrankheiten schon viel Kopfzerbrechen gemacht hatten und unter verschiedenen Namen wie Malaria-Kachexie, tropische Splenomegalie u. a. beschrieben worden waren.
Im folgenden wird neben der epidemischen in Assam auftretenden Form der Kala Äzar auch die endemische Form der Krankheit besprochen werden, welche in vielen Teilen Indiens, in China, Nordafrika und Arabien vorkommt.
Die eigentliche Kala Äzar im engeren Sinne, d. h. die epidemische Form der Krankheit, scheint auf das Nordostgebiet von Britisch Indien, besonders auf das große Gebiet von Assam beschränkt zu sein, es ist jedoch nicht möglich, die Grenzen des Vorkommens der endemischen Form festzustellen, da ihr Zusammenhang mit Kala Äzar erst in neuester Zeit erkannt worden ist und systematische Forschungen über die Verbreitung des Krankheitserregers in den Tropen noch nicht angestellt werden konnten. Bis zum Tage, wo diese Zeilen medergeschrieben worden, sind Fälle aus den verschiedensten räumlich weit voneinander getrennten Gegenden Vorderindiens, Calcutta, Madras, Ceylon, ferner aus Birma, Peking, Arabien, Ägypten, Tunis und Algerien berichtet worden, aber erst mit der Vervollkommnung unserer Kenntnisse über den Parasiten und die notwendigen Untersuchungsmethoden wird es möglich sein, alle endemischen Herde der Krankheit zu entdecken und ihr Verbreitungsgebiet genauer abzugrenzen. Heute steht nur die Tatsache fest, daß alle beobachteten Fälle ihren Ursprung in tropischen oder subtropischen Ländern südlich vom 49. Grad nördlicher Breite haben.
Ätiologie.
Nur wenige Tropenkrankheiten haben der Spekulation und dem Aufbau von Hypothesen ein günstigeres Feld geboten als Kala Äzar. Bei dem ersten Bekanntwerden der epidemischen Form im Berglande von Garo nahm man allgemein an, daß es sich um Malaria handle, bis die hohe Sterblichkeit und die offenbare Kontagiosität diese Erklärung als unzureichend erscheinen ließ.
Giles fand 1890 bei seinen Beobachtungen eine große Anzahl von Kranken mit Ancylostomum duodenale behaftet und kam in einem sorgfältig ausgearbeiteten