Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
329
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Malaria.

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Jäl

können. Man muß nach Kocii dies Verhalten der Kurven so erklären, daß sieh die Menschen in Norddeutschland durch Heizen ihrer Wohnungen in den Monaten März, April und Mai künstliche Wärme schaffen. Da nun Ende Februar bzw. März an den ersten warmen Tagen die Anophelinen ihre Winterquartiere verlassen, können sie nachts in die warmen Räume zurückkehren, wo sie sich durch Stechen der i chronisch Malariakranken infizieren können. Wenn nun die Temperatur während der Tage, wo der Anopheles sein Blut verdaut, so hoch ist, daß sich Oocysten dabei entwickeln können (s. die Angaben Jancsös), so schadet auch ein Sinken der Tempe­ratur der Entwicklung der Oocysten nicht. Wenn nunmehr die Anophelinen nach Reifung der Oocysten aufs neue stechen, so können auf diese Weise die Frühjahrs­epidemien erklärt werden. In der Tat sind sowohl in Italien wie auch in Deutsch­land im Winter und Frühjahr eine Anzahl von Neuerkrankungen beobachtet worden. Ferner ist an den erwähnten Kurven 3, 4 u. 5 auszusetzen, daß in ihnen die Neu­erkrankungen und Rezidive nicht voneinander getrennt sind. Ich will dabei noch davon absehen, daß die Kurven nicht auf Blutuntersuchungen, sondern auf klinischer Beobachtung beruhen. Insbesondere ergeben die Kurven bei den Armeekorps nicht die natürlichen Bedingungen für das epidemiologische Verhalten der Malaria und auch der Anopheles, wenn es sich um Truppen in Festungen handelt.

Ich selbst beobachtete 1896 schon im Mai das Auftreten von Malarianeuerkran­kungen in dem Fort Langlütjen bei Bremerhaven unter den dort vom Mai ab statio­nierten Matrosenartilleristen. In diesem Fort, welches im Winter nur vom Fortaufseher mit seiner Familie bewohnt wird, und welches in sehr wasserreicher Umgebung liegt, hatten malariainfizierte Arbeiter zu tun, und unter den Artilleristen waren auch in früheren Jahren bald nach Belegung des Forts Reuerkrankungen aufgetreten. Vor Belegung wurden die Räume desselben aber wochenlang hintereinander stark geheizt, um die Feuchtigkeit zu bekämpfen. Anopheles niaculipennis wurde von mir schon im Mai 1897 in den Mannschaftsräumen des Forts verschiedentlich gefunden. Indeß blieben die da­maligen Untersuchungen der Moskitos auf Malariaparasiten ohne Resultat.

Um den Widerspruch zwischen der Kurve Wexzels und den anderen Kurven 3, 4 und 5 aufzuklären, gibt Martini folgende Erklärung: Die Anopheles hätten in den zur Zeit des Hafenbaues von Wilhelmshaven mit Stroh gedeckten, ungeheizten Baracken, in denen die Arbeiter untergebracht waren, nicht die zur Reifung der etwa aufgenommenen Malariakeime erforderliche Wärme gefunden. Deshalb hätte die Malariakurve ihr Maximum erst im Spätsommer erreicht, 2025 Tage nachdem die Außentemperatur ihr Maximum erreicht.

Die Schwierigkeiten in der Erklärung mancher Neuerkran- k u n g e n i m F r ü h j a h r w ii r d e n a b e r noch vereinfacht w e r den, w e n n die Annahme Sciiaudinns zutrifft, daß die Malariakeime zum Teil auch auf die junge Brut der Anophelinen übergehen könnten. Wir sahen ja, daß auch die Anopheleslarven in Europa im Wasser überwintern können. Wenn dann im April oder Mai die geflügelten Anophelinen auskommen, könnten sie, wenn selbst infiziert, die Infektion der Menschen bedingen. Bedingung wäre nur, daß die ev. Malariakeime, über deren Natur in den Larven wir noch gar nichts wissen, eine hohe Resistenz gegen Temperaturerniedrigungen zeigten. Vgl. Schaudinns glänzende Untersuchungen über die Trypanosomen-(Halteridien-) Infektion der Moskitos und deren überwinternder Larven. Jedoch liegen, wie gesagt, bestätigende Untersuchungen bez. der menschlichen Malaria noch nicht vor, und Schaudinn selbst ist bis jetzt nicht geneigt, der ev. Infektion der jungen Brut der Anophelinen eine große epidemiologische Bedeutung beizumessen.

Meine eigenen Untersuchungen über etwaige Malariainfektionen der Anophelinen- laiwen in Victoria ergaben, wie schon erwähnt, bisher ein negatives Resultat.