Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
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Dr. Hans Zieiiann.

Verständnis für das epidemiologische Verhalten der Malaria in den einzelnen Ländern kann dadurch nur gefördert werden.

Beziehungen der Sporogonie zur Außentemperatur . x )

Nach Gkassi schien die Temperatur, die zur Entwicklung der Malariaparasiten in den Anopheleu notwendig war, verschieden zu sein, indem der Perniciosaparasit die höchste Temperatur erforderte, der Tertianparasit geringere und der Quartanparasit nur 16,5° als untere Grenze. Man könnte daraus ev. schlielien, dali der (Quartanparasit, der am weitesten nach den Polarkreisen vordringende Parasit wäre, was durchaus nicht der Fall ist. Er ist, wie wir noch sehen werden, auch in den Tropen vielfach durchaus nicht selten. Indessen fanden schon Gkassi und van der Sciieer, daß der Tertianparasit auch vorüber­gehende Temperaturerniedrigungen bis auf 12°, ja bis auf 9° vertrug, wenn nur anfangs eine höhere Temperatur geherrscht und die Oocystenbildung schon begonnen hatte.

Schoo fand, daß, wenn die Temperatur konstant 25° C betrug, sich Tertianacysten innerhalb von 12 Tagen bildeten und daß die Sporozoiten bereits am 14. Tage in den Speicheldrüsen auftraten. Hatte zwei Tage nach der Blutaufnahme die für die Entwick­lung der Parasiten günstige Temperatur geherrscht, so fand die Entwicklung statt, auch wenn später ein Temperaturabfall auf 1510° erfolgte. Hielt man die Temperatur konstant auf 18°, so kam es noch zur Entwicklung der Sporozoiten, wenn auch etwas verspätet. Dagegen fand keine Entwicklung der Oocysten statt, wenn die Anophelen bei 15 o ge­halten wurden; es liegt daher das Temperaturminimum zwischen 1518°.

Nach J a n c s 6 kann die Temperatur in dem Moment, wo der Ano­pheles gametenha11 i ges Blut saugt, sogar mehrere Stunden bedeutend weniger als 16° C betragen, und kann es trotzdem zur Oocystenbildung kommen, wenn nur die Anophelen dann innerhalb 24 Stunden in eine Temperatur, die 16° C übersteigt, kommen. Alit anderen Worten, es ist also in erster Linie die Temperatur während der Zeit, in der sich die Ookineten in die Magen­wandung einbohren, von Wichtigkeit für das Zustandekommen von Oocysten. Jancsö fand ferner, daß die Oocysten. sowohl des Tertian- wie des Perniciosaparasiten, sich bei einer Temperatur zwischen 2430° am besten und schnellsten entwickelten, und daß man dann schon nach 79 Tagen im Magen des Anopheles entwickelte Oocysten sowie eine Infektion der Speicheldrüsen finden könnte, ferner, daß bei Chininisierung der Versuchs­person die Inkubationsdauer verlängert werden konnte.

Im einzelnen gestalteten sich die A'erhältnisse folgendermaßen:

a) bei Tertianparasiten. Bei höheren Temperaturen als 30°, z. B. bei 3537°, wurde die Entwicklung der Tertianoocysten verzögert, und die Anopheles gehen ohne­dies bei diesen Temperaturen im Thermostaten rasch zugrunde, was Verf. bestätigen kann. Bei 24° C entwickeln sich die Oocysten in 10 Tagen, bei 21° nach 19 Tagen, bei 1715° nach 53 Tagen, die Oocysten waren in dem letzteren Falle in der großen Mehrzahl der Fälle dann degeneriert, so daß es meist nicht zur Sporozoitenbildung kam.

b) bei Perniciosaparasiten. Bei 30° O vollendete Entwicklung der Oocysten am 8. und 9. Tage, bei 20° am 20. Tage; zwischen 18 und 16° C entwickeln sich nur wenige normale Oocysten. Bei 1716° ist die untere Grenze, es entwickeln sich keine Oocysten, wenn die Temperatur ständig von Anfang an unter diesen Temperaturen lag.

c) Alit CQuartanparasiten konnten die Anophelen nur bei einer Temperatur zwischen 2024° C inüziert werden.

Trotz der hochinteressanten Befunde von Jancsö spricht das epidemiologische Ver­halten der Tertianparasiten doch dafür, daß dieselben im allgemeinen niedrigere Tempe­raturen zur Entwicklung im Anopheles notwendig haben, wie die Perniciosaparasiten. Es wäre sonst nicht einzusehen, warum die Perniciosaparasiten nicht viel weiter nördlich noch jetzt Vorkommen als es der Fall ist, wenn sie sich bei denselben Temperaturen in den Anopheles entwickeln, wie die Tertianparasiten. Ein neuer Beweis, daß. so wertvoll

J ) Vgl. hiermit die etwas abweichende Auffassung Lühf/s S. 235237 und S. 246 bis 248. Anm. der Red.